Steife Brise bei Klöckner

■ Hochofen II frisch renoviert und wieder befeuert / Wedemeier gratulierte

Steife Brise bei Klöckner

Hochofen II frisch renoviert und wieder befeuert / Wedemeier gratulierte

Eine steife Brise wehte gestern auf dem Klöckner-Gelände zur Einweihung des renovierten Hochofen II. Die VertreterInnen aus der Belegschaft zogen sich ihre weißen Helme tief in die Stirn, um sich vor dem orkanartigen Wind zu schützen. Das neue Feuer im Hochofen hat für die Klöckneraner eine „zutiefst symbolische Bedeutung“, sagte Bürgermeister Klaus Wedemeier, bevor er zur Fackel griff und zündelte. Im feuerfesten Glitzermantel begab er sich zum Ofen, um das „Zeichen der Hoffnung“, wie er es nannte, zu setzen. Das Feuer stammte vom „kleinen Bruder“, dem Hochofen III.

Dieser soll nun im Rahmen der Sanierungspläne für die Bremer Hütte kaltgemacht werden — 20 Prozent Kapazitätseinsparung, 1.300 Arbeitsplätze weniger sind mindestens gefordert. „Und wenn der kleine Hochofen stillgelegt wird, dann können wir die Arbeit nur schaffen, wenn der große Ofen ein Garant ist“, hieß es beim gestrigen „Anblasen“.

In der Renovierungsphase gab es einen Tag mit Schrecken: Kurz nachdem der Vergleichsantrag der Klöckner Stahl GmbH bekannt geworden war, am 11. Dezember 92, zogen die für die Renovierung zuständigen Fremdfirmen ab. Bis zum 4. Januar war Baupause, doch dann ging es weiter.

In der rekordverdächtigen Zeit von 71 Tagen hat man den Ofen für 70 Millionen Mark zu einem der modernsten und zugleich umweltschonendsten Hochöfen der Welt umgebaut. Einige Fakten: Er erzeugt mit einer maximalen Monatsleistung von 190.000 Tonnen zwei Drittel der für die Stahlerzeugung benötigten Roheisenmenge. Sein Gestelldurchmesser beträgt 12 Meter, das Nutzvolumen 2.770 Kubikmeter, er hat 32 Blasformen und drei Stichlöcher.

„Die glühende Lebensader der Hütte Bremen“ ist mit einer komplett erneuerten Elektrik und einer neuen Wasserkühlung ausgestattet. Eine moderne Wärmerückgewinnungsanlage soll zu einer höheren Wirtschaftlichkeit in der Energiebilanz des Werkes sowie zu einer verbesserten Umweltverträglichkeit führen. Auch die 20 Jahre alte Hochofensteuerung wurde zum „alten Eisen“ gelegt und durch eine moderne Computersteuerung ersetzt. Alle Informationen laufen nun im neu eingebauten Prozeßrechner zusammen.

Die Feststimmung war nicht nur durch den starken Wind etwas unterkühlt. Die Klöckneraner schienen der vielen Beteuerungen seitens der Politiker, daß man weiterkämpfen müsse, etwas müde zu sein. So erhielt Wedemeier auf seinen Spruch: „Wir geben nicht auf, wir machen weiter, wir können was“, lediglich verhaltenen Applaus. Doch nachdem er dem Giganten Feuer gegeben hatte, spielte das Hütten-Orchester Klöckners zum Tusch, und die Gesichter der behelmten, graugekleideten Männer und der einen oder anderen gleichgekleideten Frau ausm Stahlwerk erhellten sich. vivA