Neue pragmatische Mackerpartei?

■ betr.: Bündnis 90/Grüne, taz vom 18.1.93

betr.: dito

Bilder sagen mehr als 1.000 Worte. Zur Thematik des Vereinigungstages bildet die taz drei Bilder ab, die mich traurig stimmen. Sollten diese Bilder wirklich die Dynamik des Parteitages ausdrücken, so steht es für uns Frauen schlecht – vereinigen sich hier doch die Männer, endlich wieder unter sich, ungestört vom anderen Geschlecht. Theweleit hat die unbewußte Dynamik solcher „Männerbünde“ ja ausführlich beschrieben.

Auch der Text auf Seite 3 und 10 stimmt nicht froh: Das Frauenstatut, lange und mühsam erkämpft, scheint wieder zur Disposition zu stehen. Gefährlich ist dies vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, daß sich die Frauen aus anderen Organisationen (zum Beispiel SPD oder Gewerkschaften) gerade an diesem Statut orientierten.

Es ist kein Zufall, daß Frauen in Krisenzeiten wieder zur Manövriermasse werden, geht es doch auch um Pfründe wie zum Beispiel Bundestagsmandate. [...] Dr.Eva-Maria Ulmer,

Frankfurt am Main

Herzlichen Glückwunsch zur männlichen Wahrnehmungsstörung! Auch wenn der Streit um die Frauenquoten beim Vereinigungsparteitag Bündnis90/Grüne bei Eurem Fotografen offensichtlich eine große Verwirrung ausgelöst hat, so sollten doch verantwortliche Redakteurinnen festgestellt haben, daß Bündnis90/Grüne keineswegs auf Quotierung verzichten und es immer noch 50 Prozent Protagonistinnen der Vereinigung gibt.

Es zeugt schon von bodenloser Ignoranz gegenüber der großen Zahl von Frauen, die in beiden Parteien im Vorfeld der Vereinigung Knochenarbeit geleistet haben, wenn die Öffentlichkeit nur Männer vorgeführt bekommt. Schämt und bessert Euch! Ka Regnet, Rodgau

Kaum noch kann ich mich an die Zeit erinnern, daß die taz einmal eine „Frauenseite“ hatte und so wenigstens auf dieser Frauen sowohl als Personen sichtbar, wie feministische Themen eines Beitrages wert waren. Seitdem gibt es nur noch eine Frauenredaktion, die dafür sorgen soll, daß die taz ihren Anspruch, alle Themen auch aus feministischer Sicht zu behandeln, in Zeitungsmeldungen umsetzt. Immerhin war das ein Argument für die Abschaffung der Frauenseite!

Jetzt wird mir die tägliche taz- Lektüre vergällt durch Titelseiten wie die vom heutigen Montag: „Bündnis90 und Grüne tun sich zusammen“. Darunter sechs Männer beziehungsweise drei Männerpaare: Protagonisten der Vereinigungsparteitage! Sollte damit das für die ostdeutschen Länder geänderte Frauenstatut für alle Leserinnen illustriert werden? Damit wir nicht vergessen, wer die Protagonisten – bei west- wie ostdeutschen „Alternativen“ – in Politik und Öffentlichkeit sind? Oder weil auch in der taz Anspruch und Wirklichkeit eine Differenz ums Ganze sind?

Meine Abobereitschaft jedenfalls sinkt, je mehr auch die tazler nur Politiker kennen. Ernie EigenSinn, Berlin

Bündnis90/Grüne: Die neue pragmatische Mach(k)er-Partei.

Drei Titelfotos=dreimal zwei Männer, selbst hinter den Grinsekatern FischER und Weiß lächeln SIE. rePRÄSENTative Bilder? J. Müller, Hannover

Nicht „Bündnis90 und Grüne tun sich zusammen“, sondern „Männer tun sich zusammen“, muß die Überschrift über ein Foto von sechs Männern heißen. [...] Paßt in Zukunft auf und stoppt zumindest in der taz den geradezu krankhaften Hang zur männlichen Selbstdarstellung. Sandra Holler, Hamburg