Gugge-Musik und Torwandschießen

■ Spitzenreiter unter sich: Der FC Bayern München gastierte beim SC Freiburg

Freiburg (taz) – Beiläufig, in einer Kaffeepause, erzählte der Kollege, daß er „morgen, ja doch“, daß er da „jetzt auch mal zum Sport Club gehen“ werde. Am Tag vor dem Spiel! Keine 24 Stunden mehr, bevor Bayern München Freiburger Rasen betrat! Klar, daß das Dreisamstadion längst ausverkauft war. Eine Woche vorher schon hatte die Lokalpresse gemeldet, daß nur noch tausend Karten zurückgehalten würden, damit, falls der Winter noch hereinbrechen sollte, der Platz für die Schneeräumkommandos gesichert wäre.

Wintereinbrüche aber sind in Freiburg inzwischen so anachronistisch wie das Verhältnis der südbadischen Fußballanhänger zum FC Bayern. Wenn der Renommierklub von der Isar anreist, verwandelt sich die 190.000-Einwohner-Stadt in ein Dorf, und keiner geniert sich mitzuspielen. Eine „Gugge-Musik“ vom nahen Kaiserstuhl sorgte vorab für Lokalkolorit und Kirmesstimmung. Und zur Halbzeitpause hatte man sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Torwandschießen mit Prominenten. Angetreten waren Freiburgs SPD-Oberbürgermeister Rolf Böhme, der SC-Vorsitzende Achim Stocker, ein Finanzbeamter und ein Vertreter der Lokalzeitung, die einen noblen Preis ausgelobt hatte: nicht eintausend, nicht fünftausend, nein 100 (in Worten: einhundert) Mark pro Treffer sollten an die Aktion „Kinder helfen Kindern“ gehen. Angesichts solcher Generosität ließ sich auch der Oberbürgermeister nicht lumpen: noch einmal hundert pro Treffer aus dem Stadtsäckel, obwohl das doch durch den rund 200 Millionen teuren, heftig umstrittenen Bau eines Kongreßzentrums alles andere als prall gefüllt ist.

800 Mark kamen für den guten Zweck zusammen. Kein Wunder, daß Bayern-Trainer Erich Ribbeck sehr angetan war und Freiburg den Aufstieg wünschte. Man habe bewiesen, daß man guten Fußball spielen könne, ohne „mit viel Geld um sich zu werfen“.

Unter dem Strich blieb übrig: ein Testspiel, das 1:1 endete und erwartungsgemäß langweilig verlief, 40.000 Mark für den Sport Club, der sich damit zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ein Trainingslager im Süden finanziert hatte, etwa 100.000 Mark für die Bayern und 800 Mark für „Kinder helfen Kindern“. Ach ja, der Oberbürgermeister bekam für den Sieg an der Torwand einen Geschenkkarton badischen Wein. Wohl bekomm's. Ulrich Fuchs