Frauenkongreß in Zagreb umstritten

Serbinnen protestieren auf einem Vorbereitungskongreß gegen die in Zagreb geplante Tagung „Internationale Frauen-Solidarität“/ Skepsis auch bei kroatischen Frauen  ■ Aus Hannover Karin Flothmann

Wenn Hannover ein Vorgeschmack auf Zagreb war, dann ist es um den Erfolg der von Lea Rosh initiierten Solidaritätsveranstaltung für vergewaltigte Frauen im ehemaligen Jugoslawien, die ursprünglich gar ein „Frauentribunal“ sein sollte, schlecht bestellt. Keine zehn Minuten vergingen am vergangenen Samstag im kleinen Sendesaal des NDR-Funkhauses in Hannover, da war der Eklat schon da. Mehrere in Deutschland lebende Serbinnen protestierten lautstark, daß ihre Interessen bei der Organisation der für den 7.Februar in Zagreb geplanten Tagung „Internationale Frauen-Solidarität“ kein Gehör fänden. Vergewaltigten Frauen helfen will die Initiative, die mittlerweile von zahlreichen Politikerinnen — allen voran Rita Süßmuth — unterstützt wird. „Ich will hier aber nicht“, so Lea Rosh in ihrem Eingangsstatement, „den Nationalitätenkonflikt austragen.“

Gerade um diesen Konflikt aber drehte sich alles im Funkhaus des NDR. Und bei dessen Austragung zeigte sich Funkhausdirektorin Rosh nicht gerade von ihrer diplomatischsten Seite. Gleich zweimal drohten mehr als die Hälfte der gut 300 Besucherinnen des Vorbereitungstreffens den Saal zu verlassen. Lea Rosh witterte sogleich organisiertes Störertum: „Die sind nur gekommen, um zu spalten“, hieß ihre Devise. Der Tumult war vorprogrammiert.

Vor allem der vorgesehene Tagungsort Zagreb war Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien ein Dorn im Auge. Am 7.Februar, dem Tag der „Internationalen Frauen-Solidarität“ finden in Kroatien Kommunalwahlen statt. Viele befürchteten eine politische Vereinnahmung der Veranstaltung durch die kroatische Regierung. Außerdem ist es bosnischen und serbischen Frauen so gut wie unmöglich, nach Zagreb zu kommen, da sie für die Einreise nach Kroatien ein Visum brauchen. Und dessen Ausstellung mit allen nötigen Sicherheitsvorkehrungen von kroatischer Seite dauert bekanntlich Wochen. „Ich fürchte, daß durch diese Veranstaltung der Krieg erst noch geschürt wird“, meinte eine Exilserbin. Und eine in Deutschland lebende Kroatin, gab zu bedenken: „Wir haben in Kroatien eine Regierung, die auch nationalistisch, konservativ und gegen Frauen ist.“ Waltraud Schoppe, Frauenministerin von Niedersachsen, sprach sich dennoch für Zagreb aus. Sie verspricht sich von der Veranstaltung, an der sich auch Politikerinnen anderer Länder beteiligen wollen, eine große Öffentlichkeitswirkung. „Und mit dieser Öffentlichkeit kann Druck auf die Verantwortlichen, auch auf die Regierungen ausgeübt werden.“

Auch das Ende des offiziellen Veranstaltungsteils ging im Tumult unter: „Wir lassen uns von Ihnen nicht davon abhalten, nach Zagreb zu fahren“, betonte Lea Rosh lauthals, „wir lassen uns nicht dominieren.“ Erst auf der folgenden Pressekonferenz wirkte sie moderater: „Der Ort Zagreb schien uns von vornherein problematisch.“ Ein neutraler Ort wie beispielsweise Genf schied wegen der „ausgenüchterten, abgetanzten Kongreßatmosphäre“ aus, meinte Rupert Neudeck vom Hilfskomitee Cap Anamur, der eigens zum Pressegespräch geeilt war.

Trotz der Tumulte einigten sich die Frauen auf gemeinsame Inhalte für die Zagreber veranstaltung. Da Vergewaltigung seit 1949 als Kriegsverbrechen in den Genfer Rot-Kreuz-Abkommen explizit anerkannt ist, aber nie als solches verfolgt wird, forderte Niedersachens Justizministerin Heidi Alm-Merk (SPD) die „umgehende Einrichtung eines Internationalen Gerichtshofes“. Mit der Solidaritätsveranstaltung wollen sich die Frauen dafür einsetzen, daß Vergewaltigung als frauenspezifischer Fluchtgrund in die Genfer Flüchtlingskonventionen aufgenommen wird.

Bei Frauenverbänden in Zagreb selbst ist die geplante Solidaritätsveranstaltung inzwischen auf Kritik gestoßen. Zwar begrüßten die Frauen in Kroatien die internationale Unterstützung, meinte Gerhild Frasch, Generalsekretärin der evangelischen Frauenarbeit in Deutschland, doch sie fürchteten zugleich eine Bevormundung. Bosiljka Schedlich vom Südosteuropa-Kulturverein in Berlin, die die Rosh-Initiative unterstützt, meinte, die Zagreber Frauen fühlten sich von den geplanten Aktionen der deutschen Frauen „überrumpelt“. „Die Frauen berichteten mir, sie kämen sich wie Affen im Zoo vor. Ständig kämen irgendwelche Delegationen zu ihnen, um zu schauen.“

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