Bus und Bahn rollen weiter ins Minus

■ Bei steigendem Kartenverkauf wachsen die roten Zahlen des HVV / Mehr Kontrollen lohnen nicht

/ Mehr Kontrollen lohnen nicht

Auf den ersten Blick war 1992 kein schlechtes Jahr für den Hamburger Verkehrsverbund (HVV). „Hamburg steigt auf Bahnen und Busse um“, hieß es bei den Verantwortlichen, die gestern auf einer Pressekonferenz das Jahr 1992 bilanzierten. Insgesamt 458 Millionen Fahrgäste registrierte der HVV, sieben Millionen mehr als 1991. Die Verkehrseinnahmen betrugen 584 Millionen Mark, eine Steigerung von 16 Millionen Mark im Vergleich zu 1991. Der Nahverkehr fährt mit Verlust durch die Stadt. 55 Prozent der Betriebskosten wurden im vergangenen Jahr erwirtschaftet. Jeden fehlenden Prozentpunkt berappt der Steuerzahler mit fünf Millionen, 1992 insgesamt 225 Millionen Mark.

Mehr Minus in der Kasse trotz steigender Fahrgastzahlen? Daran war dem HVV zufolge das heiße Sommerwetter schuld. „Da ist kaum einer in die Stadt gefahren“, meint Direktoriumsmitglied Martin Runkel, dem noch ein Grund für das Defizit einfiel: „Vor allem in Sicherheit und Sauberkeit wurden große Beträge investiert, die sich noch nicht ausgezahlt haben.“ Im S-Bahn-Bereich sind seit 1992 70 Wachleute eingesetzt — auch um Vandalismus-Schäden vorzubeugen, die den HVV im vergangenen Jahr 13 Millionen Mark kosteten. Mit den Verbesserungen in puncto Sauberkeit ist der HVV sogar zufrieden. „Saubere Bahnen werden weniger mißbraucht.“ Das läßt sich der Verkehrsverbund derzeit jährlich sechs Millionen Mark kosten. Ab April sollen 70 weitere Wachleute in den U-Bahnen patrouillieren. „Wir rechnen damit, daß uns die erhöhte Sicherheit langfristig weitere Fahrgäste einbringen wird“, schätzt Runkel. Kosten: acht Millionen Mark.

Hinzu kommen zehn Millionen Mark für 130 Kontrolleure, die im vergangenen Jahr 180000 Schwarzfahrer erwischt haben und so 4,5 Millionen Mark für ihr eigenes Gehalt einnehmen konnten. Zuwenig, um ihre berufliche Existenz zu rechtfertigen? „Im Gegenteil“, meint Martin Runkel, „wir haben genau den richtigen Personalstand.“ Zwei Prozent Schwarzfahrer seien normal. Damit es in Hamburg nicht mehr werden, will der HVV keinesfalls auf die Kontrolleure verzichten. „Auch wenn es uns leid tut, ehrliche Kunden mit Kontrollen zu belästigen.“

Direktor Martin Runkel will weiter für das Großkundenabo werben, dem sich bereits 39 Betriebe

1mit 35000 Beschäftigten angeschlossen haben. Wichtigstes Ziel sind aber Busbeschleunigungsmaßnahmen. Der wachsende Individualverkehr verursacht auf den meisten

1Buslinien ärgerliche Unzuverlässigkeiten. „Mitte des Jahres soll auf den ersten Linien die Fahrzeit verkürzt und die Pünktlichkeit wieder gewährleistet werden.“ Und Fahr-

1preiserhöhungen? „Wir wollen den Markt nicht verprellen, aber unser Angebot ist sein Geld wert“, orakelt Martin Runkel dazu nebulös. Torsten Schubert