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SanssouciNachschlag

■ „Die Schauspielerin Eleonora Duse“ im Modernen Theater

Eleonora Duse also. Tragödin von welthistorischem Format. Beispielhaft realistische Verkörperin weiblicher Ibsen-Figuren. Lächerlich als Geliebte D'Annunzios. Die große Einsame. Darstellerische Antipodin von Sarah Bernhardt. Geboren 1858 in Italien, gestorben 1924 auf einer Gastspielreise in den USA. Ein Name, den man auch heute noch mit einem kleinen Seufzer ausspricht. Hoffmannsthal, Shaw und Rilke lagen ihr zu Füßen. Mit ihr ging die Ära der Standbein-Spielbein-Virtuosen zu Ende. Eleonora Duse, die nie geschminkt die Bühne betrat und mit 60 keine Spiegel mehr um sich herum ertragen konnte. Die auf Tourneen in ihrem Hotelzimmer blieb, keinen an sich heranließ. Die in finanzieller und emotionaler Armut starb.

Nach Valeska Gert und Therese Giehse wollte Blanche Kommerell jetzt auch der Duse im Schöneberger Modernen Theater ein szenisches Denkmal setzen. Die winzige Bühne ist mit vier großen Rollenfotos geschmückt. Links ein Flügel. In der Mitte und rechts je ein Stuhl. Die Pianistin Gerlinde Otto, Blanche Kommerell und Alexander Weigel betreten die Szene. Letzterer, Dramaturg am Deutschen Theater, liest die theaterkritischen und schauspiel-analytischen Texte über die Duse. Er tut es sachlich und sympathisch unprofessionell.

Kommerell liest Briefe und sonstige Aufzeichnungen der Künstlerin und gibt einen Überblick über die Lebens- und Schaffensperioden. Sie tut es durchweg bedeutungsschwanger mit freudlos-gütiger Miene und einer eigentümlich abgehackten Sprechweise. Die Duse rang schriftlich darum, auf der Bühne um ihrer selbst willen anerkannt zu werden. Sie rang sehr ausführlich, und Kommerell erspart den Zuhörenden nichts. Die Duse rang auch mit der Erinnerung an ihre „geliebte Mutter mit dem großen Herzen“. Sie verzweifelte am Leben, das vorüberzieht „wie ein Fluß, der vieles mitreißt und sein Meer nicht findet“. Und sie erkannte: „Man muß jetzt leben, um nicht zu sterben.“

So etwas liest man nicht vor. Hätte die Duse ihre poetische Imaginationskraft verbalisieren können, so wäre sie Dichterin geworden. Sie war es nicht. Man tut ihr keine posthume Ehre an, wenn man mit ihren privaten, larmoyanten und pathetischen Texten an sie erinnert. Und schon gar nicht, wenn es so trocken und erkenntnisfrei zugeht wie bei Blanche Kommerell. Die einzig humorigen Stellen sind unfreiwillig: „Zwölf Jahre sind seit ihrem letzten Auftritt vergangen. Und sie ist gealtert.“ Gerlinde Otto spielt Franz Schubert und Frank Martin. Das setzt dem bemühten Abend die angestrengte Krone auf. Man scheidet erschöpft, verärgert und ein bißchen traurig. Petra Kohse

Die zweite und letzte Vorstellung ist am 1. Februar, 20.30 Uhr im Modernen Theater, Merseburger Straße 3 zu sehen. Die Reihe wird fortgesetzt mit einem Porträt von Elisabeth Bergner am 8. und 15. Februar.

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