Angeklagter wollte DVU-Schöffen

■ Bremerhaven: Staatsanwalt zog Befangenheitsantrag gegen DVU-Politiker zurück

Nachdem die DVU-Fraktionsvorsitzende Marion Blohm Anfang Januar in einem Prozeß vor dem Bremerhavener Amtsgericht aus politischen Gründen als Schöffin für befangen erklärt worden war (vgl. taz vom 9.1.), durfte sich ihr Bremerhavener Kollege Siegfried Tittmann gestern als erster Schöffe auf dem DVU-Ticket als Laienrichter betätigen. Zwar hatte Amtsrichter Bernd Asbrock auch Tittmann im ersten Verfahren zunächst als befangen abgelehnt. Doch in einem zweiten Prozeß zog die Staatsanwaltschaft dann ihren Befangenheitsantrag wieder zurück. Der ohne Anwalt erschienene Angeklagte hatte ausdrücklich betont, daß er nichts gegen den Bremerhavener DVU-Fraktionsvorsitzenden Tittmann als Schöffen einzuwenden habe und wurde anschließend wegen versuchten schweren Diebstahls zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

„Befangenheitsregeln dürfen nicht dazu mißbraucht werden, einen im politischen Verfahren aufgestellten Schöffen einfach von der Liste zu streichen“, begründete Richter Asbrock seine Entscheidung. Im ersten Fall habe der Angeklagte zu Recht befürchten müssen, daß der DVU-Politiker Tittmann als Schöffe den Erklärungen seiner Partei folgen würde: Einführung der Todesstrafe, lebenslange Haft ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung, Ablehnung von Resozialisierungsmaßnahmen als „Verplemperung“ von Haushaltsmitteln. „Der Angeklagte mußte Sorge haben, daß er von Herrn Tittmann nicht unvoreingenommen behandelt wird“, folgerte Richter Asbrock.

Im zweiten Prozeß allerdings hatte der später zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Angeklagte ausdrücklich erklärt, daß er mit dem Schöffen Tittmann einverstanden sei. Staatsanwalt Woldemar Schilberg zog daraufhin den Befangenheitsantrag wieder zurück. Schwer fiel es ihm nicht, da er sich bereits im ersten Verfahren von seinem eigenen Antrag distanziert und erklärt hatte, daß er die Ablehnung des DVU-Fraktionsvorsitzenden lediglich auf Weisung seines Vorgesetzten Eberhard Tscheppan beantrage.

Siegfried Tittmann selber konnte die ganze Aufregung um seine Person überhaupt nicht verstehen. „Ich dachte es ginge vor Gericht um die Verurteilung von Verbrechern. Aber dann habe ich mich selber gefühlt, als wäre ich der Angeklagte“, sagte er nach seinem ersten Tag als Schöffe. Er halte die ganze Aufregung um seine Befangenheit lediglich für ein „Armutszeugnis der Justiz“.

Tittmann steht in diesem Jahr noch ein rundes dutzend Mal auf der Schöffenliste des Bremerhavener Amtsgerichts. „Ich werde auch künftig in jedem Einzelfall prüfen, ob ein Befangenheitsantrag zu stellen ist“, kündigte Staatsanwalt Tscheppan an. Ase