Sanssouci
: Vorschlag

■ Come im Loft

Zu schreiben, daß die vier Leute von Come vom Leben gebeutelt sind, wäre stark untertrieben. Thalia Zedek (voc., guit., harm.), androgyn klingende Frontfrau der Bostoner Band, spielte früher mal bei den Dangerous Birds, und die waren bekanntlich als Popsensation um 1982/83 Top of the World. 1983 verunglückten alle Mitglieder der Dangerous Birds bei jenem unseligen Abschuß einer koreanischen Linienmaschine. Außer Thalia, die sich im New Yorker Underground verkroch, mit Drogen tröstete und lesbisch lebte. Ende der Achtziger traf sie dann im warmen Athen zwei Typen, die auch schon etliche Kratzer davongetragen hatten. Der eine von ihnen befand sich auf der Flucht vor einer Vaterschaftsklage der Countrysängerin Tanya Tucker und schlug sich zeitweilig als Haute-Couture-Dressman durch. Der andere hatte einen Prozeß wegen Mordes an zwei Stewardessen am Hals und war wie der erste in der französischen Fremdenlegion gestrandet. Beide Herren treten unter Pseudonymen auf und spielten früher angeblich bei Ex-Frag-mich-nicht.

Alles die reine Wahrheit oder Promo-Legende? Tatsächlich drummte der Kindesflüchtige mal bei BarBQ Killing. So um 1990 war Come als Schmerzensreiche geboren, mal biblisch gesprochen. Und da das wahre Leben jeden Groschenroman übertrifft, lief Thalia, zurück in Boston, ihrer alten Highschool-Liebe in die Arme. Chris Brokaw schmiß eine gesicherte Zukunft als Footballstar, um sich fürderhin einer ungewissen Künstlerexistenz als Gitarrist und Sänger bei Come zu ergeben. Im November 1992 veröffentlichten sie ihren ersten Longplayer „Eleven: Eleven“ bei Sub Pop.

Come spielen kratzigsten bluesorientierten Underground, der angeblich „mit etwas Seife und warmem Wasser“ auskommt. Gemeint sind Gitarrenfeedbacks, halluzinatorische Stimmlage bei Thalia (ihr „Why don't you hold me“ ließe Vanilla Fudge erblassen), verschleppte Tempi. Vielleicht ähneln Come ja auch einem alten Löwen: roh, zwischen lärmend und schläfrig pendelnd, und dabei gefährlicher als je zuvor, weil verletzbarer. Die Wahrheit ist: Come verändert alles. Anke Westphal

Heute, um 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz