Die Tücken der Wahlbeobachtung

■ Braucht Afrika eine internationale „Demokratisierungs-Polizei“?

Accra/Harare/Nairobi (IPS) – Nach drei kontroversen Wahlen, die in den vergangenen Monaten in Kenia, Ghana und Kamerun stattgefunden haben, werden die internationalen Wahlbeobachter- Teams in ganz Afrika heftig kritisiert. Der Befund ist wenig schmeichelhaft: zu großzügig bei Wahlmanipulationen, zu vorsichtig den Machthabern gegenüber und offenbar ohne Einfluß auf internationale Organisationen, die Sanktionen verhängen könnten.

Das Image der „Demokratie- Polizisten“ bekam bereits im Oktober 1992 bei den Wahlen in Kamerun Kratzer. Obwohl nach Beobachtungen des National Democratic Institute (NDI) aus den USA, das Wahlbeobachter stellte, Präsident Paul Biya heftig manipuliert hatte, erklärte der sich zum Sieger. Biya, der nach langem politischen Kampf endlich ein Mehrparteiensystem zugelassen hatte, genießt die Unterstützung Frankreichs. Nach dem selbstdeklarierten Wahlsieg verhängten nur wenige Länder Sanktionen. Der NDI-Protest blieb wirkungslos.

Einen Monat später, im November 1992, gerieten die Wahlbeobachter selbst ins Zwielicht. Am 3.November stellte sich in Ghana der langjährige Machthaber Jerry Rawlings zur freien Wahl – nach elf Jahren ununterbrochener Militärherrschaft und nur auf Druck der Geberländer. Der ehemalige Pilot nutzte sein Charisma geschickt aus und bearbeitete besonders die Landbevölkerung mit Argumenten. Die Opposition war zerstritten und unfähig, eine Einheitsfront gegen Rawlings zu bilden. Jerry Rawlings gewann die Wahlen. Eine Stunde, nachdem die Wahllokale ihre Pforten geöffnet hatten, hatten die Commonwealth-Beobachter die Wahlen bereits für frei und fair erklärt. US-amerikanische Entsandte des „Carter Centers“ äußerten dagegen Vorbehalte über die ordentliche Durchführung der Wahlen.

Die ghanaischen Oppositionsparteien haben sich allerdings noch nicht beruhigt. Sie glauben, daß, trotz der Erklärung der Commonwealth-Beobachter, die Wahlen nicht sauber waren. Mit Beweisen können sie allerdings nicht aufwarten. International hat die Opposition damit verspielt. Als Großbritanniens Außenminister Douglas Hurd Anfang Januar Ghana besuchte, kündigte er fortlaufende Hilfe an: „Was ich sagen will ist, daß die Präsidentschafts- und die Parlamentswahlen einen großen Schritt auf dem verfassungsmäßigen Weg markieren, und das werde ich auch unsere Freunde und Kollegen wissen lassen.“

Streitfall Kenia

Zum Prüfstein für die Arbeitsmöglichkeiten und die Sehschärfe internationaler Wahlbeobachter wurde dann im Dezember 1992 die kenianische Parlamentswahl. Rund 200 Wahlbeobachter aus verschiedenen Nationen klapperten 7.000 Wahllokale ab. Eine deutsche Gruppe, die ursprünglich dabeisein sollte, war erst gar nicht angetreten – Kenias Regierung hatte die vorgeschlagenen 30 Wahlbeobachter in der ursprünglichen Zusammensetzung nicht akkreditieren wollen. Die, die arbeiten durften, meldeten reichlich Unregelmäßigkeiten – Stimmenkauf zugunsten der regierenden KANU-Partei, zu wenig Zeit für die Oppositionsparteien, um Kandidaten aufstellen zu können, und für die Wähler, um sich registrieren zu lassen, Fälle der Einschüchterung von Gegenkandidaten. Hinzu sollen die Stimmzettelkästen nicht ausreichend gesichert gewesen sein. Von einigen Wahlbeobachtern war zu hören, daß sie angesichts dieser Verhältnisse das Handtuch werfen wollten. Doch sie blieben und akzeptierten den Sieg der KANU und des Staatspräsidenten Moi.

Schlußfolgerung der Commonwealth-Beobachter, von Generalsekretär Emeka Anyaouku im Abschlußbericht formuliert: „Der Level von Mängeln bei der Organisation der Wahl lag ziemlich hoch, und die Mängel waren ernsthaft. Aber die Gruppe hat anerkannt, daß das Ergebnis dem Willen der kenianischen Bevölkerung entspricht.“ Solche Äußerungen haben Politiker der drei Oppositionsparteien FORD-Kenya, FORD- Asili und „Demokratische Partei“ (DP) verbittert. DP-Vorsitzender Mwai Kibaki traut seinen Parteimitgliedern mehr als den Commonwealth-Wahlbeobachtern: „Die waren Beobachter, aber wir waren Betroffene, und wir wissen ganz genau, wo und wie wir blockiert worden sind.“

„Es kommt auf den Willen an“

Daß die Commonwealth-Wahlbeobachter das Ergebnis akzeptierten, bringt nicht nur Widersacher in Kenia auf den Plan. Larry Garber vom National Democratic Institute sagt: „Die Wahl in Kenia war ganz klar unfair. Die Commonwealth-Gruppe war bereits sechs Monate vor dem Wahltermin in Kenia, aber ich denke, sie haben ihre Bedenken nicht wirkungsvoll genug vorgebracht.“

Garber hatte die Mission des NDI-Teams 1991 in Sambia geleitet und weiß aus Erfahrung, daß die reine Präsenz nicht ausreicht, um saubere Wahlen zu gewährleisten. „Es kommt auf den Willen an, deutliche Aussagen zu machen. Und es kommt wirklich darauf an, ob Beobachter-Teams sich darauf vorbereiten, daß sie bei Schikanen bereits vor der Wahl klar sagen, daß sie nicht bereit sind, das Ergebnis anzuerkennen.“ Er fügt hinzu, daß die Wahlbeobachter in der Regel immensem Druck ausgesetzt sind. Den Commonwealth-Beobachtern sei es offensichtlich nicht gelungen, sich ein Herz zu fassen, gegen die Regierung Stellung zu nehmen.

In London meinte dazu die Sprecherin der Commonwealth- Gruppe, Patsy Roberts: „Bei den meisten Wahlunregelmäßigkeiten müssen wir bewerten, ob sie das Ergebnis massiv beinflussen. Am Ende kommt es darauf an, daß die Menschen in die Wahllokale kommen und wählen. Die Wahlvorbereitungen sind zwar wichtig, aber nicht bedeutender als das Ergebnis.“ Larry Garber sieht das anders. „Eine faire Wahl hat meiner Ansicht nach nichts mit dem Wahltag zu tun.“ Garber fordert, daß die Wahlbeobachter frühzeitig ins Land kommen und in kleinen Gruppen nahe an der Basis arbeiten. Die Methoden der Wahlmanipulation seien subtiler als knüppelnde Polizisten oder vollgestopfte Wahlurnen. Fehlende Überprüfbarkeit der Stimmenauszählung oder Einschüchterung der Oppositionspolitiker gehöre schon zu den deutlichsten undemokratischen Attitüden, auch der Einkauf von Stimmen wie die Bestechung von Oppositionellen oder Pfuscherei bei der Aufstellung von Wählerlisten.

Der Vorzug dieser Methoden: Die Wahlbeobachter können kaum einschätzen, zu welchem Anteil Pfusch und Bestechung das Wählervotum verzerren. Ein Dilemma, das sich noch verschlimmert, wenn die Opposition – wie in den meisten Ländern Afrikas – gespalten ist. Mawusi Afele, Obinna Anyadike, Horace Awori