Ohrfeige für Curilla

SPD-Gewerkschafterflügel stoppt duales  ■ Müllbereicherungskonzept

Wolfgang Curilla, als Finanzsenator immer auf der Jagd nach Einnahmequellen, mochte am Montagabend seinen Ohren nicht trauen: Die sozialdemokratische Bürgerschaftsfraktion hatte die Chuzpe, die Senatsvorlage zur Einführung des Dualen Systems zu kippen. Sie beauftragte ihren Umweltsprecher Jens-Peter Petersen, ein neues Konzept zu erarbeiten, das nach Informationen der taz weitgehend den ursprünglichen Vorschlägen von Umweltbehörde und Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) entsprechen wird.

Das sensationelle Njet der Fraktion war schon bei einer kleinen Zusammenkunft des SPD-Arbeitnehmerflügels Anfang Januar abgestimmt worden. Man war vollzählig versammelt wie lange nicht. Sogar Kleingartenfreund Ingo Kleist und Ex-Sozialsenator Jan Ehlers gaben sich die Ehre. Mit ungewöhnlichem Engagement diskutierten die Abgeordneten in dieser Runde über Umweltschutz, Abfallwirtschaft, das Duale System und die Zukunftsperspektiven der städtischen Müllwirtschaft.

Curilla wollte die Einführung des Dualen Systems in Hamburg eigentlich dazu nutzen, Müllgewinne in den Stadthaushalt zu schaufeln. Dies sollte durch eine bei der Hamburger Staatsholding angesiedelte neue „Wert GmbH“ geschehen. Diese Gesellschaft sollte mit der privatwirtschaftlichen Firma „Duales System Deutschland“ (DSD) einen Vertrag über das Einsammeln des Hamburger DSD-Mülls schließen. Clou dieses Coups: Da die Verbraucher diesen Müll mit durchschnittlich zwei Pfennig pro Grünem Punkt bereits bezahlt haben, gibt es satte Löhnung von der DSD.

In die Röhre geguckt hätte dabei die Stadtreinigung. Statt diese, wie von ÖTV und Umweltbehörde gefordert, zum zukunftssicheren Müllbetrieb weiterzuentwickeln, wäre sie in echte Existenznöte getrieben worden.

Denn, so zeigte sich bei probeweisen Müllauswertungen im Alstertal: Schon heute stecken bis zu 60 Prozent DSD-Müll in den Tonnen. Vor allem diese Zahl machte in der Abgeordnetenrunde der SPD-Gewerkschafter Eindruck. Denn sobald in Hamburg flächendeckend DSD-Müll eingesammelt wird, sitzt die Stadtreinigung vor halbleeren Hausmülltonnen und einem finanziellen Chaos.

Die Verbraucher hätte die Zeche über eine dann fällige drastische Müllgebührenerhöhung noch einmal zahlen müssen. Daraus wird nun wohl nichts: Die SPD-Fraktion will den DSD-Müll von der Stadtreinigung einsammeln lassen.

So konsequent wie die Münchner Genossen sind die Hamburger Sozialdemokraten aber noch nicht: An der Isar forderten die Jusos die Stadt unlängst auf, keinen Vertrag mit dem DSD zu schließen. Das DSD, so der SPD-Nachwuchs, solle statt dessen schleunigst die bislang von den VerbraucherInnen kassierten Grüne-Punkt-Gelder — fast 80 Millionen Mark — an die Münchner Bürgerinnen und Bürger zurückzahlen, da die Firma DSD diesen Müll ja nicht beseitige. Die rot-grüne Stadtregierung ging zwar nicht so weit, zwang dem DSD aber ein Regelwerk auf, das den umweltpolitischen Unfug der gesonderten Verpackungsmüllsammlerei wenigstens einschränkt. Florian Marten