Regierung Clinton mit neuer Kuba-Politik

■ Pragmatischer Kubano-Amerikaner zum Chef der „Latin American Affairs“ ernannt/ Wütende Proteste der Hardliner/ Läßt Clinton seinen Kandidaten fallen?

Berlin (taz) – In der kubanischen Exilgemeinde schlug die Meldung ein wie eine Bombe: Mario Baeza, ein in Kuba geborener, schwarzer Wall-Street-Rechtsanwalt, ist von der Regierung Clinton für den einflußreichen Posten des Staatssekretärs für Lateinamerika- Fragen ernannt worden. Und vor allem: Mario Baeza steht für einen klaren Kurswechsel in der Kuba- Politik des Weißen Hauses. Während Washington bislang stur auf „Erdrosselung Kubas bis zur Kapitulation“ beharrte, verkörpert der 41jährige Mario Baeza entschieden eine Politik des „Wandels durch Handel“. Für seinen bisherigen Arbeitgeber, die auf Lateinamerika-Geschäfte spezialisierte Wall-Street-Firma „Debevoise & Plimpton“, war er erst im Juni dieses Jahres in Kuba gewesen, als offizieller Gast eines Seminars über die Investitionsmöglichkeiten auf der Karibikinsel. Dabei schüttelte er, oh Sakrileg, Fidel Castro persönlich die Hand; und Mario Baeza soll dort auch – so der wütende Vorwurf der reaktionären Exilgemeinde in Miami – für ein Ende der mehr als dreißigjährigen Wirtschaftsblockade der USA gegen Kuba plädiert haben.

Tauwetter für den Kalten Krieg in der Karibik also? Die heftigen Proteste der rechten „Políticos“ in Miami lassen das Clinton-Team nun jedoch offenbar Angst vor der eigenen Courage bekommen. Und der Rückzieher hat auch schon einen Namen: Sally Shelton Colby zeichne sich bereits als Alternative ab, die politically safe sei, meldet die Financial Times. Wie Clintons Außenminister Warren Cristopher selbst bringt auch Shelton Colby einen soliden politischen Hintergrund aus der Carter-Regierung mit. Sie war US-Botschafterin in Barbados und Grenada, ein spezieller Bezug zu Kuba ist bislang nicht bekannt.

Der Konflikt um eine neue Kuba-Politik der USA ist zudem überlagert durch ethnische Differenzen: schwarze Kongreßabgeordnete zeigten sich verbittert darüber, daß der Schwarze Baeza den Pressionen der Latino-Lobby geopfert werden soll.

Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen, und definitive Statements von Clinton oder Warren Christopher fehlen zur Stunde. Die Ernennung von Mario Baeza zum Chef der künftigen Lateinamerika-Politik Washingtons war ein politischer Akt mit Signalwirkung. Das Tauziehen um ihn wird nun zum Testfall für Clintons Standfestigkeit. Denn auch Baezas Absetzung unter dem Druck der exilkubanischen Hardliner wäre ein Signal – in die andere Richtung. Bert Hoffmann