Frauen, Kunst und gute Küche

■ Das Medoc legt Wert auf schönes Essen und hat Gäste, die wunderliche Ausstellungen machen

Drei selbstbewußte Freundinnen, mit der schönen Ausstrahlung: „starke Frauen“, führen jetzt schon seit sieben Jahren das Medoc in der Friesenstraße. Jeden Abend ist es hier so voll, daß an den hölzernen Tischen schon viele neue Freundschafen entstanden sind. Nur vor 19 und ab 23 Uhr kommt man ohne Wartezeit an einen freien Sitzplatz.

Frauen gehen besonders gern ins Medoc, in Cliquen und allein. „Ja, wir prägen hier schon die Stimmung“, meint Angelika Teichmann, eine der drei Besitzerinnen, „das sagen alle Gäste“. Martina Schaffhäuser sagt: „ Wir stellen auch fast nur Frauen ein, weil Männer sich meistens zu sehr in den Vordergrund schieben“, und lacht: „Vielleicht ist es dadurch ein bißchen liebevoller und wärmer bei uns.“

Anfangs barg die weibliche Weichheit durchaus Gefahren für das doch recht manierliche Medoc: Drogis baten um Klobenutzungserlaubnis und kamen ewig nicht wieder raus, die stadtbekannten Obdachlosen erbaten sich freundliche Aufnahme, und Freier mit ihren Friesenstraßenfrauen dachten, sie hätten vielleicht eine neue Begegnungskneipe gefunden. Erst nach einer Weile merkten die drei Frauen, daß sie hart auftreten mußten, damit das Medoc das Medoc werden konnte (“Wir haben es benannt nach der französischen Weingegend, aus der die stabilen Weine kommen...“)

Auf jeden Fall wird im Medoc hervorragend im Geiste einer elsässisch geprägten französischen Küche gekocht, und dafür ist vor allem Lisa Loviscach, die dritte im Frauenbunde, verantwortlich. Sie war es, die schon immer ein Restaurant aufmachen wollte und in ihrer Studentinnenzeit großangelegte „Frauenmenüs“ kochte: „kritische Gespräche übers Kochen statt Selbsterfahrungsgruppe...“ Damals schon, 1978, lernte sie Angelika und Martina kennen, in einem Seminar über Theweleits „Männerphantasien“.

Die Kunst hat im Medoc von Anfang an einen guten Ort gefunden. Schon der Vorbesitzer (noch in der Creperie, deren Einfluß man noch auf der Speisekarte wiederfindet) hatte in seiner Eigenschaft als Musiker allerlei Künstlervolk angelockt. Jetzt ist es nicht nur wieder Lisa, die selber Malererin ist und orangeneinwickelpapier-Sammlerin in der 3. Generation (dieser Sammlung war schon eine Medoc-Ausstellung gewidmet) — die Gäste selbst tragen bestens dazu bei, daß die Wände des Medoc mit oft ungewöhnlichen Objekten behängt sind.

Gegenwärtig sind es die naiven Menschenköpfe von Andy aus der Nachbarschaft, die so ungewöhnlich wirken für eine Kneipe, daß man bei ihrem Anblick unwillkürlich lächeln muß. Der junge drogenabhängige Gast und Maler Nico hat kurz nach seinem frühen Tod eine Ausstellung im Medoc bekommen. Hanne, die früher mal ein Mann war, zeigte hier die Comic- Reihe über ihr Leben. Der melancholische Epilektiker Jan zeichnete Gästeportraits, Jürgen gab Einblick in seine 14.000 Stück starke Plastiktütensammlung — und dann gibt es, neben den Blaumeiers aus Walle — auch noch (vordergründig) unspektakuläre Ausstellungen von den vielen KunstlehrerInnen und anderen kreativen Medoc- BesucherInnen. Verkauft wird auf eigene Rechnung.

„Wir haben ja“, sagen die drei Frauen, „schon mit dem Gedanken gespielt, eine zweite Kneipe aufzumachen. Mal was Neues, wo das hier so gut läuft. Aber wir bleiben doch alle hier und bieten dafür einen Mittagstisch.“ Immerhin. Cornelia Kurth