„So etwas habe ich noch nicht erlebt“

■ Monika Schipmann, Referentin für neue religiöse und weltanschauliche Bewegungen bei der Senatsverwaltung für Jugend und Familie, wurde von GFPM und Wilhelm Spatz mit Klagen überzogen

taz: Jugendsenator Thomas Krüger hat kürzlich in einem taz- Interview anklingen lassen, daß Sie das zweifelhafte Vergnügen haben, von der obskuren „Gesellschaft zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ und ihrem Vorstandsmitglied Wilhelm Spatz, seines Zeichens Regierungsdirektor bei der Innenbehörde, mit Klagen überhäuft zu werden. Was ist da geschehen?

Monika Schipmann: Die Beschäftigung mit der GFPM und dem VPM begann für mich im Jahre 1991, als eine Reihe interessierter Bürger sich bei mir nach dieser Vereinigung erkundigten. Parallel dazu schickten andere Senatsverwaltungen GFPM- und VPM-Material an mich, weil sie mißtrauisch geworden waren. Das Material war so überzogen formuliert, daß die Mitarbeiter die GFPM von sich aus als Sekte oder Psychogruppe eingestuft haben. Im Januar 1992 erhielt ich – präventiv, denn die Senatsverwaltung für Jugend und Familie hatte bis dahin noch nicht schriftlich Stellung genommen! – ein Schreiben von einer Anwaltskanzlei, in der unsere Senatsverwaltung zu einer Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Man habe gehört – womöglich durch GFPM-Mitglieder, die hier anriefen –, daß die Vereinigung in dem alle paar Jahre erscheinenden Senatsbericht über neue religiöse und weltanschauliche Bewegungen und sogenannte Psychogruppen erwähnt werden sollte.

Sie sollten grundsätzlich nicht über sie berichten dürfen?

Ja. Aber die Senatsverwaltung hat dieses Ansinnen zurückgewiesen, denn das widerspricht ihrem Auftrag zur Öffentlichkeitsarbeit. Als nächstes schrieb die Gruppierung im Juni 1992 einen Brief an Jugend-Staatssekretär Klaus Löhe, unterzeichnet von den GFPM-Vorstandsmitgliedern Wilhelm Spatz und A.B.. Darin drängte sie Herrn Löhe, auf mich Einfluß zu nehmen. Andernfalls werde die Senatsverwaltung womöglich schadensersatzpflichtig wegen Rufschädigung. Denn ich hätte einem Mitarbeiter einer anderen Senatsverwaltung gesagt, es handele sich hier um eine psychosektenähnliche Vereinigung, und anrufende Bürger vor der GFPM gewarnt. Als auch das nichts nützte, schickte mir ein Anwalt an meine Privatadresse die Androhung einer Zivilklage. Hintergrund waren bestimmte Äußerungen in einem Interview, das ich dem SFB-Kirchenfunk gegeben hatte. Die Senatsverwaltung schrieb daraufhin zurück, diese Äußerungen seien rein dienstlich und nicht privat gewesen, und die Unterlassungserklärung werde nicht abgegeben. Übrigens steht meine Adresse nicht im Telefonbuch.

Könnte hier womöglich ein Privatdetektiv im Spiel gewesen sein? Für Normalbürger ist in einem solchen Fall eine Adresse schwer herauszubekommen.

Das könnte sein, ja. Meine Meldestelle sagte mir jedenfalls, daß es keine Anfrage von privater Seite gab. Von daher muß die Adresse auf anderem Weg beschafft worden sein. Aber auch der Stil, mich privat juristisch belangen zu wollen, wohlwissend, daß das eine dienstliche Angelegenheit ist, spricht für sich. Danach kam aber auch noch Post von der Staatsanwaltschaft: GFPM und VPM hatten mich wegen dieses Interviews wegen übler Nachrede angezeigt, die Schreiben waren diesmal von den Vorstandsmitgliedern B. und Sieg unterzeichnet. Dieses Ermittlungsverfahren läuft seit Oktober 1992. Fast parallel dazu, im November, wurde aber auch noch die Senatsverwaltung von beiden Vereinigungen verklagt: Per einstweiliger Verfügung und Verwaltungsgerichtsbeschluß sollte uns die Wiederholung dieser Äußerungen und Aufnahme der Gruppierung in den Senatsbericht verboten werden.

Haben Sie in Ihrer jetzigen Funktion schon mal solch eine Präventivklage von seiten irgendeiner Sekte erlebt?

Nein, habe ich nicht. Das kann auch keine Gruppierung verlangen, denn wie sollten wir sonst den uns gegebenen Auftrag des Abgeordnetenhauses erfüllen? Im übrigen ist mein Bericht so sachlich gehalten, daß ich mir deswegen schon Kritik anhören mußte.

Und wer unterschrieb das letzte Schreiben der GFPM?

In diesem Verfahren wurde Wilhelm Spatz als GFPM-Verfahrensbevollmächtigter gegen die Senatsverwaltung tätig. Die GFPM hat ferner versucht, auf die Meinungsbildung der Senatsverwaltung Einfluß zu nehmen, indem sie entweder über die Dienstpost oder per Boten Briefe an alle – extern nicht bekannten – Abteilungsleiter überbringen ließ. In diesen umfangreichen Briefen machte die GFPM Front gegen die Grünen- Abgeordnete Sibylle Volkholz, nachdem sie eine kleine Anfrage zum Thema GFPM an den Schulen verfaßt und dem SFB ein Interview zum selben Thema gegeben hatte.

Klagen auch andere Psychogruppen und Sekten gegen Sie?

Ja, durchaus. Aber bisher nur auf verwaltungsrechtlichem Wege, und wir haben keins dieser Verfahren verloren. Daß man gegen mich privat und strafrechtlich vorgeht, habe ich bisher noch nicht erlebt.

Gibt es andere Gruppierungen, die derart überempfindlich auf Kritik reagieren?

In dieser Form nicht. Vor 1991/92 hat die Gruppierung anscheinend aber auch mehr in aller Stille gearbeitet. Das Ironische an der Sache ist, daß die GFPM danach durch ihr eigenes Verhalten einen Zusammenhang zu den Psychogruppen hergestellt und vielfache Kritik auf sich gezogen hat.