Neue Banken braucht das Land

■ Sparer können mitbestimmen, wer die Kohle bekommt: Die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken unterstützt alternative Projekte mit billigen Krediten

, wer die Kohle bekommt: Die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken unterstützt alternative Projekte mit billigen Krediten

Der Witz von dem Bankkunden, der auf der Sparkasse sehen will, wie sein Geld arbeitet, enthält ein tüchtiges Quentchen Wahrheit. Denn mit einem Großteil der Gut- haben ihrer Sparer machen die Banken Geschäfte. Wo sie das Geld investieren, bleibt den Kunden allerdings verborgen. Rüstung, Chemie, Atomkraftwerke? Das Geld fließt dahin, wo die Banker reichen Gewinn erwarten, egal, ob ihre Kunden damit einverstanden sind.

Anders bei der Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS), die vor kurzem eine Regionalstelle in Hamburg gegründet hat. Bei ihr können die Kunden schon bei der Eröffnung eines Sparbuches bestimmen, in welchen Bereichen ihr Guthaben nach Möglichkeit eingesetzt werden soll. Dazu Dirk Grahe, Leiter der Hamburger Regionalstelle am Mittelweg 147: „Jeder soll sich für sein Geld verantwortlich fühlen.“

Was der 34jährige Volkswirt und Biologielehrer als den „neuen Umgang mit Geld“ bezeichnet, ist ein Schritt heraus aus eingefahrenen Wirtschaftskreisläufen, in denen das Geld von vielen nur einigen wenigen zu guten Geschäftsabschlüssen nützt.

Die Idee der 1974 mit Sitz in Bochum gegründeten GLS: Das ersparte Kapital soll alternativen, vor allem anthroposophischen Projekten als billiger Kredit zur Verfügung gestellt werden. Die Bank verzichtet auf Gewinne, deckt mit den Zinsen nur ihre Kosten. So betrug die Verzinsung der Kredite in den letzten Jahren etwa vier Prozent.

Möglich werden die günstigen Darlehen durch Sparer, die ihrerseits teilweise oder ganz auf Zinsen verzichten. Darüber hinaus können Anteile an der Genossenschaft für 200 Mark pro Stück erworben werden. Dieses Geld wird nicht verzinst, sichert aber ein Mitsprache- und Stimmrecht. Über zehn Millionen Mark hat die GLS in den vergangenen drei Jahren als Darlehen zur Förderung biologischer und biologisch-dynamischer Landwirtschaft vergeben. Verarbeitung und Vertrieb von Naturkost werden durch Darlehen, Beteiligungen und Beratungen unterstützt. Ein Zehntel des Kreditvolumens in Höhe von 110 Millionen Mark fließt in diesen Bereich. Mit insgesamt acht Millionen Mark hat die GLS den Bau und Betrieb von Wind- und Wasserkraftwerken unterstützt. Gesichert werden sollen die Kredite möglichst durch viele kleine Bürgschaften bis zu 5000 Mark aus der unmittelbaren Umgebung der Projekte. „Damit können verschiedene Menschen in die Projekte eingebunden werden“, erläutert Dirk Grah. Außerdem ist das ein Weg aus den üblichen Vollstreckungsmechanismen. „Wir können keinen Demeterhof verkloppen, dann nimmt uns ja keiner mehr ernst.“ Alle Kredite werden nach strengen Anforderungen vergeben und laufen maximal fünf Jahre. „Wichtig ist für uns: Wie weit findet ein Projekt breiten Anklang“, sagt Dirk Grah.

Projekte, die keinen Kredit erhalten, können unter Umständen

1von der Gemeinnützigen Treuhandstelle eine Zuwendung bekommen, die die GLS angeschlossen ist.

Die Leihgemeinschaft der GLS hat sich bewährt. Über 6000 Kunden werden bundesweit im sogenannten Fernsparverkehr betreut. Das heißt, Überweisungsaufträge

1werden per Post nach Bochum ge- schickt und dort innerhalb eines Tages bearbeitet. Die Verzinsung für ein normales Sparbuch beträgt derzeit drei Prozent (wenn nicht verzichtet wird). Girokonten können bei der GLS noch nicht geführt werden. Torsten Schubert