Baldiges Comeback des Irak?

■ Die Außenminister Syriens, der Türkei und des Iran beraten in Damaskus

Kairo (taz) – Das Thema Irak steht in den arabischen Hauptstädten wieder auf der Tagesordnung. Dieses Mal geht es nicht um Raketen und neue Konfrontationen zwischen Bagdad und der US-Administration. Viele Beobachter stellen sich die Frage: Hat der Countdown für die politische und wirtschaftliche Rehabilitierung des Irak in der Region begonnen?

Am letzten Mittwoch fand in Damaskus ein Treffen der Außenminister Syriens, der Türkei und des Iran statt. Probleme zwischen den drei Staaten gibt es mehr als genug. Ankara wirft dem Iran vor, fundamentalistische Gruppen in der Türkei zu unterstützen, die für eine ganze Serie von Morden in den letzten Wochen verantwortlich gemacht werden. Der Iran hat das bestritten und unterstellt der Türkei wiederum, ein Auge auf die irakischen Ölquellen geworfen zu haben. Die Syrer beschweren sich ihrerseits schon seit längerem darüber, daß die Türkei ihnen durch den Bau der Euphratstaudämme das Wasser abgräbt.

Aber man stellte diesmal alle Differenzen beiseite, um nach einer gemeinsamen Position in der Irakpolitik zu suchen. In ihrem Abschlußkommuniqué brachten die drei Minister ihre Opposition gegen einen kurdischen Staat im Nordirak deutlich zum Ausdruck. Der syrische Außenminister Scharaa erklärte für seine Kollegen, das Treffen sei eine politische Botschaft an alle, die an der Einheit des Irak rütteln wollten. „Bislang haben wir jedoch keine militärischen Maßnahmen ergriffen, um die Botschaft umzusetzen.“

Das Kommuniqué forderte die Aufhebung der Blockade gegen den Irak, da man das irakische Volk nicht für seine Regierung bestrafen könne. Die Saddam-Hussein-Regierung fand keinerlei Erwähnung. Es hieß lediglich, daß allein das irakische Volk auf der Basis von Freiheit und Demokratie und guter Beziehungen zu den Nachbarstaaten über seine Zukunft entscheide. Schon bei seinem Treffen mit dem neuen Chef des Weißen Hauses hatte der türkische Präsident Turgut Özal gefordert, das dem Irak von der UNO zugestandene Ölexportvolumen zu verdoppeln, um die Leiden des irakischen Volkes zu verringern.

Einen Tag zuvor war der ägyptische Präsident Mubarak nach Damaskus gereist. Nach Angaben ägyptischer Regierungsquellen ging es bei seinen Gesprächen mit dem syrischen Präsidenten Assad um den Golf und die Zukunft der „Erklärung von Damaskus“. Diese Erklärung wurde von Ägypten, Syrien und den sechs Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrates unmittelbar nach Ende des Golfkrieges unterzeichnet und sollte nach syrischen und ägyptischen Vorstellungen Grundlagen für ein Wirtschafts- und Verteidigungsbündnis legen. Aus Damaskus und Kairo verlautete in den letzten Tagen wiederholt, die Erklärung habe jede Bedeutung verloren. Ägypter und Syrer sind verärgert über die Golfstaaten, die mit der Umsetzung der Erklärung nie Ernst machten und hinter dem Rücken ihrer syrischen und ägyptischen Verbündeten bilaterale Verteidigungsabkommen mit den USA, Großbritannien und Frankreich unterzeichneten.

Gestern sollte in Qatar ein Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister der Damaskus-Runde stattfinden. Im letzten Moment informierte Qatar die Regierungen in Kairo und Damaskus, daß die Golfstaaten die Versammlung auf unbestimmte Zeit verschieben möchten. Damit wurde allen syrischen und ägyptischen Hoffnungen auf großzügige Wirtschaftshilfe aus den reichen Ölscheichtümern der Gnadenschuß gegeben.

Mubarak reagierte mit der überraschenden Bekanntmachung eines Briefes, den Saddam Hussein ihm durch PLO-Chef Arafat habe zukommen lassen. Darin fordere der irakische Präsident die Normalisierung der Beziehungen und versichere, auch an einem Abbau der Spannungen zum Westen interessiert zu sein. Mubaraks Kommentar: Liebe und Einklang müßten die Beziehungen zwischen den arabischen Ländern bestimmen. Er werde den Brief prüfen und eine Antwort im Interesse Ägyptens und der arabischen Nation geben. Politische Beobachter sagen, das Wort Mubaraks sei eine klare Botschaft an die Golfstaaten. Eine Alternative zur Damaskus-Erklärung werde die Durchbrechung der Isolierung Bagdads sein. Quellen in Kairo sagen, Ägypten bemühe sich zur Zeit um die Einberufung einer arabischen Gipfelkonferenz, der ersten seit Beginn der Golfkrise. Einer der geladenen Gäste wäre wohl Saddam Hussein.

Die rege Nahost-Diplomatie hat noch einen weiteren Grund: Die Staaten der Region versuchen die Anlaufphase der neuen Clinton-Administration zu nutzen, um neue Fakten zu schaffen. Clinton hat bislang noch keine eigene Irak- Politik. In der großen Linie folgt er seinem Amtsvorgänger Bush, der durch seine Golfpolitik auch viele traditionelle Freunde der USA in der Region, wie Ägypten und die Türkei, verärgert hat.

Die Ägypter sind aber auch besorgt über Gerüchte aus Washington, daß einige der außenpolitischen Berater Clinton drängen, die Beziehungen zum Iran zu verbessern. Das wäre der endgültige Schlußstrich unter ägyptische Ambitionen, die Führungsrolle in der arabischen Welt auch auf die Golfregion auszudehnen. Die Wiederbelebung der irakischen Rolle wäre nach Meinung der Ägypter ein mögliches Gegengewicht. Ivesa Lübben