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Balkankrieg im WDR

■ Streit um WDR-Fernsehbeitrag zu Mazedonien - Rücksicht auf Griechenland?

Köln/Bremen (taz) – Die „Republik Mazedonien“, die aus dem jugoslawischen Vielvölkerstaat hervorgegangene Balkanrepublik, die auf Druck Griechenlands von der Europäischen Gemeinschaft bisher nicht anerkannt wurde, droht nach Meinung vieler Beobachter zum Brandherd auf dem Balkan zu werden.

In den vergangenen Tagen hat dieser „Konfliktherd südlicher Balkan“ einen Journalistenstreit im WDR in Köln provoziert. Einem gleichnamigen Film, der am Freitag im WDR lief, hat Koautor Hannes Heer „Fälschung“ vorgeworfen und seinen Namen aus dem Abspann tilgen lassen. Der Redakteursausschuß des WDR bat vergeblich um Verschiebung des Sendetermins, weil der Sachverhalt so kompliziert sei und die Diskussion Zeit beanspruche. Aber der Anspruch der WDR-Redaktion auf Aktualität erlaubt Denkpausen so wenig wie der Konflikt auf dem Balkan: Der Film wurde, in der veränderten Fassung, in der Alleinverantwortung von Eberhard Rondholz gesendet.

Die vielfältigen, zum Teil subtilen Änderungen haben aus einem Film, der den Konflikt aus Achtung vor den ethnischen Minderheitsrechten und im Interesse einer angemessenen Lösung sehr differenziert darstellen sollte, eine eindeutige Angelegenheit gemacht: Griechenland hat recht, wenn es mazedonischen Ansprüchen entgegentritt. Die Botschaft: Um die Machtstrukturen in der Region zu stabilisieren, muß die Position Griechenlands gestärkt werden.

Eine Veränderung im Vorspann des Films mag verdeutlichen, worüber sich Koautor Hannes Heer mit Rondholz so zerstritten hat: „Griechenland bestreitet dem neuen Staat (Makedonien) das Recht auf seinen Namen und blockiert durch sein Veto die völkerrechtliche Anerkennung. Zusätzlich benutzt es das Embargo gegen Restjugoslawien, um den ungeliebten Nachbarn ökonomisch zu strangulieren.“ So stand es im Manuskript von Hannes Heer. Ohne das mit Heer abzustimmen, hat Rondholz an diese Stelle gesetzt: Die „griechische Regierung und die europäische Gemeinschaft sind... gegen die Anerkennung der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Makedonija unter diesem Namen. Nach Ansicht vieler Griechen verbindet die neue Republik auch territoriale Ansprüche mit dem alten griechischen Namen. Die Furcht ist verständlich...“

Der so eingestimmte Zuschauer verträgt es dann auch, wenn den Makedonen die ethnischen Minderheitenrechte laut Rondholz nur „angeblich“ verweigert werden. (Rondholz hatte sich in dieser Sache im WDR-Hörfunk auch einmal den früheren taz-Mitarbeiter Roland Hofwiler vorgenommen. Minderheitenunterdrückung im Norden Griechenlands werde von Hofwiler bloß „behauptet“. Amnesty international hat sich übrigens kürzlich besorgt darüber geäußert, daß im Norden Griechenlands das „Verbreiten falscher Nachrichten“ im Zusammenhang mit Mazedonien unter schwerer Gefängnisstrafe steht. K. W.

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