Spenden her – oder es brennt!

■ Türkische und kurdische Organisationen erpressen bei ihren Landsleuten „Spenden“ für den politischen Kampf

Berlin. In Berlin und im Bundesgebiet werden viele türkische und kurdische Geschäftsleute sowie Privatpersonen schon seit Jahren von linksextremistischen Organisationen erpreßt. Dies sagte der Landeskriminaldirektor Hans Ulrich Voss gegenüber der taz. Nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei seien besonders die Türkisch-Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten TKP/ML und die Arbeiterpartei Kurdistans PKK in diesem Bereich aktiv.

Im vergangenen Jahr seien in Berlin 20 Strafanzeigen gestellt worden. In jedem dieser Fälle seien die Erpressungen unter dem Deckmantel von „Spendensammlungen für den revolutionären Kampf in der Heimat“ erfolgt. Sieben dieser „Spendensammler“, die Voss als „Spendenerpresser“ bezeichnet, seien namentlich und mit Organisationszugehörigkeit bekannt. In keinem Fall hätten die Beweisgründe den Haftrichtern für eine Festnahme ausgereicht. Die Geschädigten hätten zwar gut begründete Anzeigen erstattet, aber sich später „aus Angst“ geweigert, vor Gericht auszusagen.

Weil die Anzeigen „nur die Spitze des Eisberges“ seien, die „Spendensammlungen“ von türkischen und kurdischen Parteiorganisationen aber inzwischen „ungeheure Ausmaße“ angenommen hätten, richtet die Kriminalpolizei derzeit eine besondere Ermittlungsgruppe beim Staatsschutz ein. Darüber hinaus sollen speziell ausgebildete Beamte den örtlichen Polizeidirektionen helfen, den Kontakt zu den Geschäftsleuten zu halten. Die „Schutzgelderpresser“ seien nicht nur wegen der Angst der Geschädigten schwer zu überführen, sagte Voss, sondern vor allem, weil die Vertrauensbasis zur deutschen Polizei fehle. „Wir sind deshalb auf eine Zusammenarbeit mit der Türkischen Gemeinde angewiesen.“

Wie Voss sagte, seien der Polizei „haarige Fälle“ bekannt. Das Muster sei immer gleich. „Spendensammler“ tauchen bei den Geschäftsleuten auf, warnen vor einer möglichen „Renovierung des Ladens“, befürchten, daß Frau oder Kindern eventuell ein Leid passiere, und fordern anschließend Beträge, die je nach Ausstattung des Ladens mehrere tausend Mark betragen können. Die finanzielle Einschätzung von Privatpersonen richte sich oft nach der Größe des vor der Tür stehenden Privatwagens, sagte Voss. Von Einzelpersonen würden nur Summen zwischen 30 bis 50 Mark gefordert, dies dafür aber öfter. „Zweifelsfrei“ erwiesen sei für die Polizei, daß PKK-Angehörige im vergangenen Jahr türkische Geschäfte demoliert und Reisebüros angezündet haben. In einem Fall seien sogar PKK-Parolen an die Wand gesprüht worden. In einem anderen „zweifelsfreien“ Fall sei ein Geschäftsinhaber mit dem Auto entführt und erst nach Zahlungsversprechen freigelassen worden.

Voss möchte auch nicht ausschließen, daß unaufgeklärte Brandanschläge auf türkische Imbißbuden, die bislang als ausländerfeindliche Überfälle angesehen wurden, auf das Konto der PKK oder TKP/ML gehen. „Wir wissen, daß sich die PKK-Zentrale in Köln vorgenommen hat, mindestens 20 Millionen Mark Spenden einzusammeln.“ Das türkische Konsulat behauptet, von den Spendeneintreibungsaktionen nichts zu wissen. Türkische Geschäftsleute hingegen, die anoym bleiben möchten, sagten der taz, daß die Erpressungen inzwischen „an die Substanz gehen“. Anita Kugler