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: Die unterste Stufe

■ "Ein Bayer auf Rügen"

„Ein Bayer auf Rügen“, Sat.1, Montag, 20.15 Uhr

Es geziemt sich an dieser Stelle, den ernsthaft diese Rubrik verfolgenden Leser, sofern es ihn gibt, darauf hinzuweisen, daß die nachfolgend zur Debatte stehende Sat.1-Serie „Ein Bayer auf Rügen“ wirklich schlecht ist. Um nicht zu sagen, außerordentlich. Der Leser fragt sich: Warum schaut sich der Kritiker diese verquaste Heimatschmonzette an?

Die ehrliche Antwort ist die: Er wollte den ZDF-Fernsehfilm „Klippen des Todes“ vermeiden. Hinzu kommt eine gewisse Neugier, die aus Harald Schmidts Antwort auf die Frage „Macht Fensehen dumm?“ inspiriert wurde. Bei „Talk im Turm“ sagte Schmidt: Solange Fernsehen dumm machen könne, sei folglich die unterste Stufe noch nicht erreicht. Das klingt logisch. Es handelt sich bei dieser Aussage jedoch um ein – um ausnahmsweise mit Kant zu sprechen – synthetisches Urteil a priori. Das bedeutet, daß Harald Schmidt noch nicht „Ein Bayer auf Rügen“ gesehen hat. Dann wäre sein Urteil garantiert anders ausgefallen.

Serie hin, Serie her – man ist ja einiges gewöhnt, in diesen guten Zeiten, schlechten Zeiten. Aber zumindest an die Figuren sollte man sich noch erinnern können, wenn der Abspann läuft. Doch hier – nichts! Während die Bergwacht zwei havarierte Seemänner aus der Wand befreit, trinkt ein übergewichtiger Schwätzer Weißbier. Der Rechtsanwalt trinkt Kaffee. Dann trinkt der Großvater Ostseewasser, weil er beinahe ertrinkt: Er will seinen Hof nicht an den raffgierigen Enkel vererben.

Und am Ende sind die Madonnen wieder da: Wer es hier wagt, den Einwand vorzubringen, man hätte vielleicht Teil1 sehen sollen, um die Zusammenhänge besser zu verstehen, dem schicke ich das Rollkommando von der Gebühreneinzugs-Zentrale (GEZ) ins Haus.

Selbst in der schlechtesten Serie bekommt man irgendwann den Eindruck, daß irgend was zumindest der Intention nach zusammenpaßt. Eine rudimentäre Struktur von Dramaturgie, eine Pointe. Doch der Seheindruck von „Ein Bayer auf Rügen“ läßt sich am ehesten wiedergeben, wenn man sich vorstellt, nach dem dritten Bier wahllos durchs Programm zu zappen. Mal ist man in Bayern, mal auf Rügen. Aber letzlich ist es egal, wo man ist. Manfred Riepe