Eine Amerikanerin in Berlin

In Ang Lees „The Wedding Banquet“ ist der interessanteste Aspekt das Geld. Obwohl der Film im Programmheft als taiwanesisch-chinesische Produktion ausgewiesen wird — schon das ist bemerkenswert, weil die beiden Länder offiziell keinen Handel miteinander treiben —, stammt die Finanzierung von der taiwanesischen CMPC und den unabhängigen amerikanischen Produzenten James Schamus und Ted Hope. Ergebnis dieses hoffnungsvollen Unterfangens ist ein Film mit einem chinesischen und einem amerikanischen Hauptdarsteller, einer ansonsten chinesischen Besetzung und einer guten alten amerikanischen Geschichte: junger Einwanderer hat Erfolg im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Der Enthusiasmus des Films für Amerika geht so weit, daß sich nicht nur die Generations- und Assimilationsprobleme zum Guten wenden, sondern sogar eine Lösung für die Feindschaft zwischen Taiwan und Festlandchina in Aussicht gestellt wird. Die Liebesgeschichte zwischen dem taiwanesischen Jungen und dem Mädchen vom Festland wird dadurch verwickelt, daß die eigentliche Liebeshandlung lautet: Junge trifft Junge — ein uramerikanisches Thema. „Wedding Banquet“ hat die übliche amerikanische Glätte und steht im Tempo einer Feierabendserie nur wenig nach. Aber was soll's — der Film tritt ein für Schwule, für rassische Toleranz, für alle lieben Menschen. Wer sich fragt, wie bei internationalen Koproduktionen die Geldgeber ihre Pfennige und ihre Interessen zur Geltung bringen, findet hier die Antwort.

Die Stärke von „Warheads“, R. Karmakars dreistündigem Dokumentarfilm über Söldner, liegt in dem Raum, den er den Zuschauern läßt. Eine unerwartete Stärke in einem Film über Menschen, die über andere herfallen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, aber eine Stärke, die es dem Publikum gestattet, das fremde Material aufzunehmen. Lange Einstellungen von zerschossenen Städten in Kroatien — wo einige der Söldner jetzt kämpfen —, oder von Kasernen, in denen französische Legionäre herumhängen; Hintergrundmaterial, Füller, während denen man über die Interviews nachdenken kann, die den Kern des Films bilden. Sie reichen von Gesprächen mit Legionären, die Epauletten tragen, bis hin zu Männern und Frauen der internationalen Brigade in Zagreb; und zu Profis, die Kriege absolvieren wie andere Leute ein Geschäftsfrühstück. Ihre Aussagen muß man langsam in sich aufnehmen, denn das Gesagte ist zugleich banal und völlig außerhalb unserer Welt.

Obwohl es keinen Dokumentarfilm ohne eigene Sichtweise gibt, ist Karmakar seinem Material gegenüber mehr als respektvoll, vielleicht zu respektvoll, um sich eine Meinung zu bilden. Er spricht mit dickbäuchigen Männern, die in Algerien gekämpft haben, und kaum Zwanzigjährigen, die das heute in Gospic tun. Er fängt den Pomp ein, den Privatarmeen für Überlebende entfalten; er filmt den inbrünstigen Gesang militärischer Einheiten überall, zeigt die mönchische Disziplin des Söldnerlebens. Nach fünf Jahren und dem Erreichen des Offiziersstatus können diese Soldaten eine Heiratserlaubnis beantragen. Ihre Verlobten werden von der Einheit überprüft. Karmakar bittet Soldaten, ihre Berufswahl zu erklären. Am interessantesten ein britischer Söldner, der getötet, gefoltert und Waffen geschmuggelt hat; er weiß, daß sein Tun moderner Piraterie nahekommt, hält es aber für sehr harte Arbeit. Er weiß auch, daß in Großbritannien auf ihn nur die Tankstelle oder die Fabrik warten würden.

Das soll nicht die Antwort auf die Frage sein, die im Mittelpunkt des Films steht: was bewegt Söldner zu dieser Lebensweise? Sie findet implizit ihre Antwort in der Tatsache, daß man sich diesen Film ansieht: Die Intensität der Gewalt treibt uns, wie Sex. Ob man sich in aller Öffentlichkeit dazu bekennt — wie professionelle Soldaten oder Libertins — oder darin die Wurzel allen Übels sieht, wie die politisch stets Einwandfreien und die Blaustrümpfe — man wird erfaßt von der Drohung und der Spannung, die sie zu bieten scheinen. Gegen Ende begegnet das Publikum einem neunzehnjährigen Mädchen aus München, das in Kroatien kämpft, weil, wie sie sagt, niemand etwas getan hatte, um das Gemetzel an einem Volk zu verhindern. Diese Idealistin war auch am offensten zur Gewalt bereit: „Wenn ich heute einen Serben sähe, würde ich ihn auf offener Straße erschießen. Wenn ich nach dem Krieg einen Serben sehe, werde ich ihn auf offener Straße erschießen." Das fände der britische Veteran sicher naiv.

„Wir können auch anders...“ von Detlev Buck ist eine alberne Version von Jim Jarmuschs „Down by Law“. Drei soziale Versager wandern durch Ostdeutschland, und obwohl ihre Naivität jedem zum Unheil ausschlägt, gehen schließlich ihre Träume in Erfüllung. Besonders der Ausländer, ein russischer Soldat, gelangt ans Ziel — zu seiner Mama. Auf der Fahrt durch Ostdeutschland mit seinen westdeutschen Kumpels entkommt er der gesamten ostdeutschen Polizei und der russischen Armee. „Wir können auch anders...“ hat kaum das Geschick und die intelligente Ironie von „Down by Law“ auf, kommt aber zum gleichen Fazit: In einem Land, das so durcheinander ist, daß nichts mehr funktioniert, muß man Verlierer sein, um zu gewinnen. Marcia Pally

Aus dem Amerikanischen von Meino Büning