Stromkonzerne: We don't buy british

■ Britische Stromindustrie will teure heimische Kohle nicht/ Ohne Kohleverkäufe müssen Zechen schließen

Dublin (taz) – Der britische Industrieminister Michael Heseltine steckt in der Klemme. Nachdem ihm die Bevölkerung und die eigenen Hinterbänkler mit ihren Protesten gegen die Schließung von 31 Bergwerken einen Strich durch die Rechnung gemacht hatten, wollte er der frisch privatisierten Stromindustrie in den nächsten fünf Jahren 65,5 Millionen Tonnen Kohle zusätzlich aufdrücken, um das kurzfristige Überleben von etwa einem Dutzend Kohlegruben zu garantieren. Das sei „das Minimum, um uns die notwendigen konservativen Hinterbänkler- Stimmen zu sichern“, sagte Heseltine in einem Gespräch mit John Baker, dem Chef eines der beiden privaten Stromunternehmen.

Baker wies dieses Ansinnen jedoch empört zurück. Das geht aus einem vertraulichen Brief Bakers an Heseltine hervor, der dem NUM-Gewerkschaftsführer Arthur Scargill anonym zugegangen ist. Baker schreibt, daß das Unternehmen mit dem Kauf der teuren Kohle „seine Pflicht gegenüber den Aktionären verletzen würde“. Heseltine verlange von der Stromindustrie, ihr „eigenes Grab zu schaufeln, um die Kohleprobleme der Regierung zu lösen“. Die Stromunternehmen sind lediglich bereit, 40 Millionen Tonnen zusätzlich zu übernehmen. Heseltine drohte jedoch, die Firmen notfalls per Gesetz zur Abnahme der gesamten Menge zu zwingen. Die Regierung hatte im Zuge der Privatisierung versprochen, sich nicht mehr in die Unternehmensführung einzumischen.

Da Heseltine weder die Benutzung von Gas- und Atomstrom noch den Import des teuren französischen Atomstroms gesetzlich einschränken will, hat er kaum noch Optionen. Der Kompromiß mit den Stromkonzernen sollte ursprünglich in der nächsten Woche dem Parlament vorgestellt werden. Dieser Termin muß nun wohl verschoben werden. Scargill ist jedenfalls davon überzeugt, daß die Regierung „nach wie vor felsenfest entschlossen ist, die 31 Bergwerke zu schließen“. Ralf Sotscheck