Müll sammeln und dann den Bankrott erklären

■ Pleitefirma van Balkom Seeliger hinterläßt 80.000 Tonnen Shredderabfall

Mannheim (taz) – Dieses Unternehmen ist schrottreif: Die Heidelberger Firma van Balkom Seeliger versuchte sich vergebens im Recycling von alten Autos, trug wesentlich zur Dioxinbelastung eines Mannheimer Stadtteils bei und hat jetzt rechtzeitig pleite gemacht, so daß das zuständige Amtsgericht den Konkursantrag „mangels Masse“ abgelehnt hat.

In riesigen Shreddermühlen hat van Balkom Seeliger ausgediente Autos zerhäckselt, die Metalle magnetisch aussortiert und die sogenannten Leichtfraktionen im Hafengelände des Mannheimer Stadtteils Rheinau deponiert, mittlerweile rund 80.000 Tonnen zermahlener Kunststoffe, Kondensatoren, Styropor und Ölreste. Das Zeug sollte ursprünglich „thermisch“ verwertet werden, doch der Heidelberger Gemeinderat versagte die Genehmigung für den Bau eines Hochtemperaturofens. Auch sonst fand van Balkom Seeliger für das genannte „Wirtschaftsgut“ keine Abnehmer.

In den Jahren 1989 und 1990 trieb die Recycling-Philosophie des Unternehmens – „Es darf kein Stoff verlorengehen, ein neuer muß daraus entstehen“ – perverse Blüten. Nach mehreren kleinen, durch Selbstentzündung ausgelösten Schwelbränden ließ ein Großbrand Anfang Februar 1990 den Nachthimmel über der Rheinau rot erleuchten. Aus Shredderabfall wurde Gift. Dioxin-Messungen im Rheinauer Wohngebiet ergaben zumeist Werte zwischen 5 und 40 Nano-(Milliardstel)gramm Toxizitätsäquivalente pro Kilogramm Boden. Das Bundesgesundheitsamt empfiehlt in solchen Fällen, nur noch „eingeschränkt“ die Tomaten aus dem eigenen Garten zu verzehren. Das Gelände eines Kindergartens war mit 184 Nanogramm so stark belastet, daß sich die Stadt zum umgehenden Austausch des Bodens veranlaßt sah.

Die Meßergebnisse entsprachen einer Prognose, die der TÜV angesichts der Zusammensetzung der Halden schon 1990 abgegeben hatte: „Damit können im Brandfall nennenswerte Mengen an Dioxinen und Furanen entstehen.“

Nach der Bruchlandung von van Balkom Seeliger warten jetzt also 80.000 Tonnen Sondermüll in Mannheim-Rheinau auf die Entsorgung. Die Schätzungen über die Kosten schwanken zwischen 20 und 56 Millionen Mark. Balkom gehört zwar nach Angaben des Greenpeace-Müllkampaigners Andreas Bernsdorff zu einem „Minikonzern von acht Firmen“, trotzdem kommen diese Kosten nach der Pleite nun wahrscheinlich auf die Grundstückseigentümer zu, also zum einen das Land Baden- Württemberg, zum anderen die Firma Stinnes zu. Robert Schäfer