Seite klagt über gnadenlose Kriterien

■ Rudi Geil neuer Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern

Schwerin (dpa/taz) – Die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern ist wieder komplett. Ministerpräsident Berndt Seite ernannte gestern den neuen Innenminister Rudi Geil und begründete in einer Sondersitzung des Landtages die Entlassung des Vorgängers Lothar Kupfer. Der hatte nach wochenlangen Hinhaltemanövern wegen seiner Rolle bei den Rostocker Krawallen doch noch seinen Ministersessel räumen müssen. Seite erklärte, er habe Kupfer entlassen, um das Land aus den negativen Schlagzeilen herauszubekommen. Die Entscheidung sei ihm so schwergefallen, weil er wie andere Ostdeutsche nach der Wende in der ehemaligen DDR völlig unvorbereitet in die Politik gekommen sei und nun gnadenlos nach westdeutschen Politikmaßstäben gemessen werde.

Ob diese Äußerungen des Ministerpräsidenten lediglich als Einstimmung auf den nächsten Skandal verstanden werden dürfen, oder ob Seite dem gnadenlosen Westpublikum die Idee eines Ost- Bonus' bei der Beurteilung von Politikerleistungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR näherbringen wollte, blieb gestern noch offen. Vielleicht aber, so die Gerüchte im Schweriner Landtag, wollte der so unvorbereitet auf den Ministerpräsidentensessel geratene Tierarzt, der seit Wochen auch als Kohls Wunschkandidat für die Weizsäcker-Nachfolge gehandelt wird, jetzt endlich seine Ambitionen auf das Präsidentenamt offensiv anmelden. Wenn die in der Tat atemberaubende Idee eines Bundespräsidenten Seite noch nicht die angemessene öffentliche Unterstützung gefunden hat, könnte dies vielleicht weniger an der Statur des Bewerbers, sondern an den kaltherzigen, westlichen Maßstäben liegen.

Doch bis zum Wechsel ins Palais Schaumburg will Seite weiter zum Wohle Mecklenburg-Vorpommerns wirken. Seine Regierung jedenfalls, so die gestrige Drohung, sei mit der Ernennung Geils zum neuen Innenminister wieder voll arbeits- und handlungsfähig. eis