SPD-Basis will die Straßenbahn

■ SPD-Landesparteitag beschließt verkehrspolitische Wende, zuckt aber vor klaren Vorgaben zurück / Ausnahme: die Stadtbahn

beschließt verkehrspolitische Wende, zuckt aber vor klaren Vorgaben zurück / Ausnahme: die Stadtbahn

„Alles in allem kann man sich an fünf Fingern ausrechnen, daß da noch gewaltig was auf uns zukommt.“ Verkehrssenator Eugen Wagner bewies dem SPD-Sonderparteitag zur Verkehrspolitik am Wochenende im Bürgerhaus Wilhelmsburg gleich in seinem Einleitungsreferat, daß er bereit ist, die frisch erkannte Herausforderung anzunehmen: „Die Verkehrspolitik hat lange Zeit ein Schattendasein im Bewußtsein der Politiker geführt. Der Motorisierungstrend ist

1noch ungebrochen. Jetzt müssen Grenzen gezogen werden. Wir können der steigenden Autoflut nicht tatenlos zusehen.“

So zufrieden wie diesmal war die SPD schon lange nicht mehr mit ihrem Eugen Wagner. Statt der obligatorischen Buhrufe gab es Beifall, wenn der Verkehrssenator vom „möglichst autofreien verkehrsreduzierten Leben in Teilen der Großstadt“ oder vom „autoarmen Leben in der Region“ schwärmte, wenn er den „Umweltverbund“ hervorhob oder sich minutenlang über die „sanften Verkehrsmittel“ ausließ. War Beton-Eugen etwa weich geworden?

Bedenkenträger in der SPD genossen das Schauspiel. Hatte ihnen Eugen Wagner doch kurz zuvor mit seiner Ankündigung, um Finkenwerder herum eine zig Millionen teure Autoschneise durch die Süderelbmarschen zu schlagen, bewiesen, daß er, wenn wirkliche Taten gefragt sind, noch ganz der Alte ist. So konnte der Parteitag in schon fast übergroßer Eintracht zelebriert werden. So fand der vom Wohnungsexperten Michael Sachs koordinierte Leitantrag des Landesvorstands - eine gekonnte Mischung zwischen verkehrspolitischer Neuorientierung und Vorsicht, wenn es um Maßnahmen, Termine und Erfolgskontrollen ging - das einstimmige OK der Delegierten.

Diese hatten zuvor allerdings in einigen kleinen Punkten die Vorlage des Landesvorstandes nachgebessert. Besonders deutlich machten sie, daß sie die Einführung der Stadtbahn „nicht totgeprüft“ haben wollten. So beschlossen sie gegen Wagners Einwände, die Baubehörde müsse parallel zur Prüfung des Stadtbahnsystementscheids zugleich mit einem Planfeststellungsverfahren für mögliche Stadtbahntrassen beginnen.

Im Schatten Wagners nutzte Michael Sachs, einst ein erbitterter Gegner Eugens, die Gunst der Stunde, sich als kommender Verkehrspolitiker zu profilieren. Er mahnte zur Mäßigung, zum Blick

1für das Machbare. „Wichtig ist“, so Sachs beruhigend in alle Richtungen, „daß wir die Richtung angezeigt haben, in die wir handeln wollen.“

SPD-Chef Helmuth Frahm jedoch ist unsicher, ob Richtungszei-

1chen allein genügen. Er überlegt, der Verkehrsbehörde einen Arbeitskreis der Partei beiseite zu stellen, der prüfen soll, ob die Behörde den beschlossenen Fingerzeigen auch ein bißchen Praxis folgen läßt. Florian Marten