Blumenkohl

■ 11. Blumenschau: Seit Samstag blühen in Bremen Gemüsehobel

Frau Reiners ist begeistert: „Ist das nicht toll?! Eine richtige Landschaft! Wo hat man das heute noch so ordentlich?“

Der Himmel muß leider draußen bleiben; aber sonst ist auf der 11. Bremer Blumenschau alles so nachgemacht, daß das Herz der alten Bremer Blumenfreundin lacht:

die Primeln so bibabunt; die Narzissen so in Reih und Glied; die Tulpen so aufrecht gekrümmt — und dazwischen die drei Rhododendren und die sieben Birken! Die ziehen den Blick weit nach oben und zu den verhängten Tribünen von Halle I: Von wo ein schlapper Wasserstrahl herabfällt, der spielt einen Wasserfall und mündet so müde in einen trüben Tümpel, daß kein Spritzer auf Frau Reiners guten Mantel spritzelt.

Nicht ganz so naturecht, aber dafür überlebensgroß, lauern Botticelli- Putten auf der Gartenmauer. Am Ende, vor der Spiegelwand, wächst ein schiefer Bretterturm. Der soll uns an Palazzi grandi erinnern, zur Not auch bloß an Idyll und Verfall; aber wir sind ja nicht blöde und denken Laubsäge. Leider weit und breit keine Micky Maus oder Gottschalk! Die eigentlich aus dem Busch kommen müßten und „April, April“ rufen, oder „Welcome im Disneyland für Bausparer“. Denn rings um den aufgeschütteten Torfmullhügel und seine Natursimulation wachsen Stände wie fliegende Händlerpilze nur so aus dem Boden.

Es ist schon toll, was die Natur hervorbringt, wenn man sie machen läßt, bzw. den örtlichen Messemufti KPS. Da gibt es die seltensten Gewächse:

Küchengeräte und Betonsteinwerke, Nähmaschinen und Lesebrillen, Garagenbau und Polstermöbel, Heimorgeln und Schornsteine, Wasserblasen und Luftpumpen, Namensschilder und Auraverbesserer, Dächer und Gelatinepulver, Schweißtechnik und Putzifixe, Gemüsehobel und Gummitiere, Markisen und Rolladen, Kerzen und Würste, Pelze und Socken, Pfannen und Töpfe.

Irgendwo links im letzten Hallenloch sprießen wie tapfere Bahndammkräutlein achtneun BIOTA-Stände, eine Art Komposthaufen im Kunstdünger-Lager. Da summen ein paar biologisch-dynamische Honiggläser, und auch ein niedliches Trampolin steht in der Ecke, heißt aber Vital- Transmitter. Für Blockierte zeigt ein Plasmafoto anhand schrecklicher Gelbkringel Blockaden in den Fingerspitzen. Auch die ein oder andere Möhre hab' ich gesehen.

hier

die Rose

Eine echte Rose

Weil aber grade eröffnet wurde, mußte ich nochmal zurück auf den Hügel, wo wichtige Männer wie Feldherren standen. Das waren aber bloß die Herren Klink und Fücks und einschlägige Konsorten aus der Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Herr Ostendorf von KPS und Herr Blumenberg (!) von Karstadt — dank Martin Globisch vom Weser- Report kann man ja alle Pappenheimer mittlerweile optisch rekonstruieren. Frau Reiners kannte auch alle wieder und erschauerte zusammen mit ihrer Cousine, Frau Struckhoff, vor der Nähe der Macht.

Herr Ostendorf verprach sich, aber auch uns, das Blaue vom Himmel, sollten wir die Investitionen seiner Firma gutheißen. Herr Fücks erinnerte an das Grün vor der eigenen Haustür, und Dr. Dieter Klink sprach herzhaft in Rätseln. Demnach ist die Zukunft der Blumenschau durchaus und irgendwie offen. Schließlich lobte der zuständige Landschaftsplaner, Herr Hötker, die Bändigung des Hallenmolochs durch seinen grünen Daumen. Frau Reiners applaudierte enthusiastisch.

Den Parzellisten war's egal. Sie waren längst untergetaucht und zoomten mit ihren Videokameras auf die Kameliendamen.

claks

Bis 28.2. tägl. 10 - 18 Uhr