Reservisten sollen auch gemordet haben

■ Skandal um Polizeireserve weitet sich aus/ Bereits früher rechtsextremer Waffenhändler in Uniform aufgeflogen

Berlin. Im Skandal um die Freiwillige Polizeireserve reißen die Enthüllungen nicht ab. Nach Berichten der taz, bei rund 600 Mitgliedern der über 2.500 Mann starken Truppe sei inzwischen eine kriminelle Vergangenheit entdeckt worden, werden nun auch Mordvorwürfe laut. Einer der Männer, gegen die wegen Waffenhandels ermittelt wird, habe ausgesagt, er sei an der Ermordung eines Kindes und eines türkischstämmigen Mitglieds der Polizeireserve beteiligt gewesen. Dies meldet die Morgenpost. Ein anderer der inhaftierten Waffenhändler soll gestanden haben, vor Jahren zusammen mit drei FPR-Angehörigen bei einer rechtsextremen Wehrsportübung im Harz einen DDR-Grenzer erschossen zu haben.

Diese Meldung des Magazins Focus wurde aber umgehend von der Justizsprecherin Uta Fölster dementiert. Die Staatsanwaltschaft habe keine derartigen Erkenntnisse, hieß es knapp. Auch der Vorsitzende des parlamentarischen Inennausschusses, Helmut Hildebrandt (SPD), äußerte sich skeptisch über die Mordvorwürfe. „Ich bin fast sicher, daß an den drei Mordfällen nichts dran ist“, erklärte Hildebrandt unter Berufung auf eigene Ermittlungserkenntnisse. Zum taz-Bericht, daß rund 600 Angehörige und damit jeder vierte eine kriminelle Vergangenheit habe, äußerte Hildebrandt, dies seien derzeit nur Spekulationen. Seines Wissens sei bislang noch nicht einmal die Hälfte aller Reservisten überprüft worden.

Die Innenverwaltung lehnte eine Stellungnahme ab. Man könne die Berichte weder bestätigen noch dementieren, hieß es. Am heutigen Montag wollen Innensenator Heckelmann (CDU) und Polizeipräsident Saberschinsky im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses über den aktuellen Stand der Ermittlungen berichten.

Auch frühere Hinweise auf rechtsextreme Mitglieder in den Reihen der Freiwilligen Polizeireserve sind offenbar nicht zum Anlaß einer besonderen Überprüfung genommen worden. Bereits 1985 wurde ein rechtsextremistischer Waffenhändler in der FPR entdeckt. Die Polizei hatte Anfang März 1985 die Wohnungen von acht Neonazis durchsucht, die einer Wehrsportgruppe angehören sollten. Ein 25jähriger Mann entzog sich damals seiner Festnahme durch Selbstmord. In der Wohnung, die wie ein „Militärarsenal“ ausgesehen habe, seien die Polizisten förmlich über Waffen gestolpert, hieß es damals in der taz. Gefunden wurden Waffen aller Kaliber, darunter Gewehre, Maschinenpistolen, Handgranaten und kistenweise Munition. Ferner hatte der Reserve-Polizist komplette Nazi-Uniformen gelagert.

Auch in drei weiteren Wohnungen wurden damals Waffen gefunden. Querverbindungen gab es auch zu einer Waffe, mit der kurze Zeit zuvor der Vorstandsvorsitzende der Berliner Grundkreditbank, Jancke, ermordet wurde. Bei einer Überprüfung von verdächtigen FPR-Mitgliedern sei damals festgestellt worden, daß diese trotz zahlreicher Straftaten in der Polizeireserve Aufnahme fanden. Konsequenzen aber gab es damals nicht: einige quittierten zwar den Dienst, die Mehrzahl aber durfte bleiben. gn