Syrische Prioritäten in Nahost

■ Damaskus: Friedensprozeß wichtiger als Deportierte

Damaskus/Amman/Jerusalem (AFP) – Syrien ist nicht bereit, den Friedensprozeß im Nahen Osten der Frage der deportierten Palästinenser unterzuordnen. Dies berichteten Diplomaten aus Damaskus gestern nach dem Besuch von US-Außenminister Warren Christopher, der gestern über Saudi- Arabien nach Kuwait in den Libanon und nach Israel weiterreiste.

Christopher hatte nach einem Gespräch mit dem syrischen Präsidenten Hafis el Assad unter Anspielung auf die 400 von Israel nach Südlibanon deportierten Palästinenser am Sonntag erklärt: „Ich stimme mit Herrn Assad darin überein, daß der Friedensprozeß wichtiger ist.“ Christopher sprach sich nach syrischen Angaben weiter dafür aus, die Nahost-Friedensgespräche so bald wie möglich wieder aufzunehmen. Die arabischen Verhandlungspartner Israels wollten bisher die direkten Friedensverhandlungen nur fortsetzen, wenn die am 17.Dezember von Israel nach Südlibanon deportierten Palästinenser in die besetzten Gebiete zurückkehren können. Der syrische Außenminister Faruk el Schara hatte zuvor in einer Erklärung ebenfalls eine baldige Wiederaufnahme der Friedensgespräche angedeutet. Daneben müsse jedoch auch das Problem der Deportierten gelöst werden, betonte Schara.

Von palästinensischer Seite wurde die Haltung der syrischen Regierung zur Frage der Deportierten uneinheitlich beurteilt. Sprecher der Organisation „Islamischer Heiliger Krieg“ bedauerten die syrische Bereitschaft zu einer Fortsetzung der Nahost-Gespräche. Von Vertretern der islamistischen Untergrundorganisation Hamas wurden die Äußerungen Scharas dagegen offiziell begrüßt, da Syrien demnach weiterhin die Rückkehr der Deportierten fordere.

In den besetzten Gebieten wurden am Sonntag wieder vier Palästinenser, darunter ein einjähriges Baby, von israelischen Soldaten angeschossen, als die Armee eine Demonstration in Nablus in der Westbank auflöste. Ein Armeesprecher bedauerte die Vorfälle und erklärte, die Soldaten seien zuvor von Demonstranten mit Steinen beworfen worden. Vertreter der Palästinenser in den besetzten Gebieten wollen Christopher am Dienstag bei seinem Besuch in Jerusalem eine Erklärung übergeben, in der sie „auf die israelische Unterdrückung in den besetzten Gebieten“ hinweisen. Dies sagte gestern die Leiterin der palästinensischen Delegation bei den Nahost-Gesprächen, Hanan Aschrawi.