Krach en famille

■ Vor dem Amtsgericht: Vater verprügelte Tochter im Vollrausch und weiß hinterher "von nix"

Krach en famille

Vor dem Amtsgericht: Vater verprügelte Tochter im Vollrausch und weiß hinterher „von nix“

Es ist eine ganz normale Familiensache, die da in Saal 551 vor dem Amtsgericht verhandelt wird. Vor Gericht gekommen ist sie nur, weil sie zufällig vor ZeugInnen passierte: „Das ist ein Familienstreit, eigentlich würde mich das nichts angehen“, sagt Zeugin Ramona S. Aber weil Herr K. seine Tochter vor den Augen der Kinder ihrer Freundinnen verprügelt hat, zeigte Ramona S. ihn an, damit „der Mann einen Denkzettel kriegt“.

Am 30. Juli 1992 feierte Julia K. (Name geändert) mit ihren Freundinnen und deren Kindern den ersten Geburtstag ihres Sohnes. Kurz nach sechs schauten auch die Großeltern des Geburtstagskindes vorbei. Eigentlich ganz normal, aber für sie doch etwas überraschend, erinnert sich die Freundin Ramona S., denn von Julia wußte sie, daß sie „Streß“ mit ihrem Vater hatte. „Julias Vati war betrunken, als er kam“, sagt Ramona S., „er hat gelallt und über die Kinder gelästert: das eine hätte eine Glatze, das andere Segelohren“. Und als dann noch ein Kind mitsamt Regal umfiel, wurde Julias Vater ausfallend und beschimpfte die Tochter, die das Regal nicht ordentlich angebracht habe.

Julia K. schmiß ihre Eltern kurzerhand raus. Wenig später stand die verängstigte Mutter wieder vor der Tür und bat, den randalierenden Vater nicht mehr hereinzulassen. Ein Kind öffnete ihm dann doch die Tür, als er klingelte, und Herr K. ging auf seine Tochter, die ihn rausgeworfen hatte, los. „Blind vor Wut“ habe der Vater auf die Tochter eingeschlagen, als sie schon am Boden lag, berichtet die Zeugin. Als er zum Aschenbecher griff, wollte Ramona S. dazwischengehen. „Da hat er mir eine gelangt.“ Der Tochter habe er einen Schlag gegen den Brustkorb versetzt, daß sie „käseweiß“ wurde und ihre Lippen blau anliefen. Noch einmal versuchte Ramona S., Herrn K. von der Prügelei abzuhalten und erhielt zwei Tritte gegen die Oberschenkel. Die Tochter nutzte die Gelegenheit, um in den Flur zu laufen. Simone S. verließ das Haus, um Hilfe zu holen.

Als sie mit ihrem Freund wiederkam, war inzwischen auch der Bruder von Julias Mutter eingetroffen und versuchte, Herrn K. zu beruhigen. Der kann sich vor Gericht an nichts erinnern. Ohne Verteidiger ist der kleine, gedrungene Mann erschienen und schaut zum Fenster raus, als ginge ihn das alles nichts an. „Ich weiß von nix“, wiederholt er eins ums andere Mal. An dem Tag habe er mit einem Kollegen in der Landschaftsgärtnerei „einen getrunken“: eine Flasche Jägermeister und einen halben Kasten Bier gab es für jeden. Und am nächsten Morgen sei er „n'büschen schlecht zuwege“ gewesen, feixt er. „Sie sind ja offenbar ein heiteres Gemüt“, entgegnet Richter Kornblum wenig belustigt. Denn anders als die Zeugin ist er der Meinung, „daß man das auch innerhalb der Familie nicht machen darf“.

Überraschung für Papi: Die Tochter, die wie K. sagt, „den Arsch nicht hochkriegt und den ganzen Tag in der Kneipe rumhängt“, ist doch bei Gericht erschienen. Aussagen möchte sie allerdings nicht, weil sie sich mit ihrem Vater „jetzt wieder sehr gut versteht“. Mit 40 Tagessätzen a 55 Mark geht Richter Kornblum in seinem Urteil sogar über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus und richtet mahnende Worte an den Angeklagten: „Bei so einer Behandlung kann ein Mensch auch sterben.“ Im „vorsätzlichen Vollrausch“ habe sich Herr K. „wie die Axt im Walde“ aufgeführt: „Das hat man nicht gern, daß ein gestandener Mann auf Frauen einprügelt.“ dir