Indien: Polizei hart

■ Führung der Hindu-Partei BJP bei verbotener Demonstration verhaftet

Neu-Delhi (taz) – Die Großdemonstration der Hindu-Partei BJP in der indischen Hauptstadt ist gestern am starken Aufgebot der Staatsmacht gescheitert. Tausende von Menschen gingen trotz des Versammlungsverbots am Morgen auf die Straße, um im Regierungsviertel zu demonstrieren, sahen sich aber mit massiven Polizeikräften konfrontiert. Mit Tränengas und lathis – mit Blei gefüllten Bambusstöcken – wurden die BJP-Anhänger immer wieder in Seitenstraßen vertrieben.

Die ganze Operation glich einem eingespielten, wenn auch brutalen Ritual. Nach mehreren tränenreichen Katz-und-Maus-Runden ließen sich die Demonstranten zum Sitzstreik nieder und wurden dann von der Polizei in schon wartende Busse verfrachtet. Da die Sportstadien bereits mit präventiv Verhafteten besetzt waren und Gefängnisse ohnehin voll sind, fuhren die Busse oft einfach Dutzende von Kilometern aufs Land und stellten die ernüchterten Leute dann auf die Straße. Die BJP-Führung, die sich in fünf vorbereiteten Orten an die Spitze der Versammlungen stellte, wurde verhaftet. Während sich Parteiführer wie A.B. Vajpayee und L.K. Advani höflich in bereitstehende Limousinen leiten ließen, wurde Parteipräsident M.M. Joshi hart angefaßt: Als er sich mit dem Gros der BJP-Abgeordneten in der Nähe des Parlamentsgebäudes zum Sitzstreik niederließ, wurden sie mit Wasserwerfern und Schlagstöcken eingedeckt; Joshi mußte ins Krankenhaus gebracht werden.

Dennoch hat die Regierung keinen Grund, sich auf diesem Teilerfolg auszuruhen. Es läßt sich nicht übersehen, daß trotz breitgefächerter Vorsorgemaßnahmen Zehntausende von BJP-Anhängern in die Hauptstadt gelangt sind. Die BJP wird zweifellos versuchen, das harte Vorgehen der Polizei mit der Disziplin ihrer eigenen Anhänger zu kontrastieren, deren Agitation sich auf den Protest gegen die Staatsmacht beschränkte. Bis zum Abend wurde nicht bekannt, daß es zu Übergriffen gegen die muslimische Minderheit in Delhi gekommen wäre. by