Tips zum Kauf von Atlanten

Qualitäts- und Preisvergleich  ■ Von Bert Hoffmann

„Knaurs Großer Weltatlas“ ist nicht nur in Gewicht und Größe, sondern auch in Sachen Preis – schlichte 398 Mark – der Atlas der Superlative. Dafür ist ein exakteres Abbild der Erde auch in keinem gängigen Atlas zu finden: mit 530 Seiten, davon 260 großformatigen Kartenseiten, und über 200.000 Orten und Namen im Register ist er an Vollständigkeit unübertroffen.

Der „Knaur“ ist die Übersetzung des britischen „The Times Atlas of the World“. Nebeneffekt der getreuen Übernahme dieses renommierten Werkes ist die überproportional starke Gewichtung der englischsprachigen Welt. Gewöhnungsbedürftig ist zudem der Aufbau, der das übliche Vom- Nahen-zum-Fernen-Schema der Atlanten auf den Kopf stellt: Der Kartenteil beginnt mit den Marshallinseln, gefolgt vom Kwajalein- Atoll, Kiribati, Bonaba und weiteren Highlights der pazifischen Inselwelt. Die Übersetzung wichtiger geographischen Begriffe und Ortsnamen ins Deutsche hat ihre Tücken. So stolpert man über „Saudisch-Arabien“ genauso wie über dessen Hauptstadt „Riyadh“.

Ganz auf die Übersetzung der Karten verzichtet der „Internationale Atlas“, von Rand McNally in Chicago erstellt und vom Georg Westermann Verlag in Deutschland vertrieben. Ein hervorragendes Kartenwerk für 148 Mark. Die Ortsnamen finden sich in der jeweiligen Landessprache beziehungsweise in der englischen Umschriftung, alle Erklärungen und Textteile sind fünfsprachig. Im Vergleich aller Atlanten bekam der Internationale Atlas von der Stiftung Warentest (Heft 9/87) beste Noten. Mit über 170.000 Namen ist sein Register - Maßzahl dafür, wie detailliert die Karten eines Atlas sind – kaum weniger eindrucksvoll als das des „Knaur“. Neben einem sehr klaren Kartenbild ist er auch von seiner Konzeption her der mit Abstand benutzerfreundlichste Großatlas auf dem Markt. Die komplett aktualisierte Neuausgabe ist für März angekündigt. Mit dem gleichen Kartenmaterial von Rand McNally wie der Internationale Atlas kommt auch der vor wenigen Wochen erschienene „Readers Digest Weltatlas“ daher – allerdings mit deutlich schlechterer Druckqualität und sehr viel weniger Kartenseiten, dafür gibt's Bildchen zu Hunnenführer Attila als „Geißel Gottes“ und ähnliches Tralala. Das Ganze kostet auch noch eine Mark mehr als bei Westermann.

Noch in diesem Monat soll auch der kleinformatige „Westermann Weltatlas“ erscheinen. Ohne grandiose kartographische Ansprüche (das Register weist lediglich 15.000 Namen auf) bietet er in ausgesprochen handlicher Form für 39,80 Mark ein aktuelles Bild der Welt (240 Seiten, davon 173 Karten). Der kaum halb so große „Diercke: Taschenatlas der Welt“ von dtv und Westermann hingegen kostet zwar nur 16,80 Mark, ist dafür aber auch winzig und unübersichtlich.

Als klassischer Schulatlas setzt der „Diercke Weltatlas“ (274 Seiten, 52,80 Mark) aus dem Westermann Schulbuchverlag hingegen ganz andere Schwerpunkte. Nur am Rande geht es hier um die Abbildung des Globus durch physisch-geographische Regionalkarten. Im Zentrum stehen mehr die zahlreichen Themenkarten, die unter didaktischen Gesichtspunkten und entsprechend den Vorgaben der Kultusministerien exemplarisch Problemfelder und Lernziele aufbereiten. Außerhalb des schulischen Erdkunde-Unterrichts bleibt dies jedoch ein Potpourri, das im einzelnen zwar interessant, dessen Nachschlagewert jedoch relativ gering ist.

Das Haus Meyer/Brockhaus ist mit drei Atlanten unterschiedlicher Preisklassen auf dem Markt, denen jedoch allen das gleiche Kartenmaterial zugrundeliegt (alle drei sind nicht up to date, sondern legen lediglich eine achtseitige Beilage mit den neuen Grenzen in Europa und Asien bei). Für 39,80 Mark bietet der 228 Seiten schmale „Meyers Universalatlas“ 80 Farbkarten sowie ein mit Wirtschaftskarten illustriertes Länderlexikon. Sein größerer Bruder, „Meyers Neuer Weltatlas“ (348 Seiten, Register: 80.000 Namen, 78 Mark) kommt mit einem umfangreicheren Kartenteil daher, der ausklappbare Karten der Ozeane sowie verschiedenen Wirtschaftskarten der Kontinente umfaßt. Flaggschiff des Hauses ist der „Brockhaus Enzyklopädie Weltatlas“ für 278 Mark der im Herbst in aktualisierter Fassung vorliegen soll (498 Seiten, davon 243 zum Teil ausklappbare Kartenseiten, Register mit 120.000 Stichwörtern). Neben dem ausführlichen enzyklopädischen Textteil zur Geographie der jeweiligen Räume liegt seine besondere Stärke in den geologischen, klimatischen und Bodenkarten zu jedem Kontinent. Nicht überzeugen kann jedoch das Prinzip, praktisch alle Regional- und Länderkarten zu wiederholen, zunächst als „normale“ physisch-geographische Karte und dann als reine Ortsnamenkarte mit hoher Dichte der Eintragungen. Diese Dopplung geht letztlich auf Kosten der Zahl und Größe der Karten, so daß in der Folge die Maßstäbe sehr viel kleiner sind als bei den anderen Atlanten dieser Preisklasse. So ist beispielsweise Brockhaus ganz Lateinamerika nur im Maßstab von 1:15.000.000 wiedergegeben. Bei Westermanns Internationalem Atlas hingegen findet sich Südamerika durchgängig im Maßstab von 1:6.000.000.

Mit 49,80 Mark ausgesprochen preisgünstig sind die beiden vom RV-Verlag herausgegebenen „Neuer Atlas der Welt“ (312 Seiten, davon 158 Kartenseiten) und „Großer Illustrierter Weltatlas“ (368 Seiten, davon 138 Kartenseiten). Die Karten sind zwar keine ästhetischen Leckerbissen, aber für diese Preisklasse doch umfangreich und recht detailliert. Mit 115.000 beziehungsweise 125.000 Stichwörtern kann sich das Register gar mit dem repräsentativen Brockhaus-Atlas messen. Beide RV-Atlanten sind nahezu identisch. Während dem Großen Illustrierten ein populärwissenschaftlicher und bunt illustrierter Thementeil rund um „Unseren blauen Planeten“ angefügt ist, bringt der Neue Atlas der Welt dafür vor allem ein paar thematische Karten mehr mit auf die Waage. Dafür beglückt er seinen Käufer allerdings mit einem ganzseitigen Geleitwort von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl. Mit einfachen Hilfsmitteln läßt sich dieses jedoch ohne Verlust heraustrennen.