■ Aus polnischer Sicht: Hilfe für Sozialhilfe
Endlich mal eine gute Idee, die so offensichtlich ist, daß man sich fragt, warum keineR früher darauf gekommen ist? Die Sozialhilfeempfänger sollen – wenn sie dazu fähig sind – arbeiten. Arbeit, auch wenn ganz bescheiden bezahlt oder anders vergütet, ist eine soziale Hilfe eines jeden für die Gesellschaft, wenn man also von der Gesellschaft Hilfe erwartet, muß man im Rahmen eigener Möglichkeiten bereit sein, der Gesellschaft zu helfen. Die vor einiger Zeit in Polen eingeführten öffentlichen Arbeiten erfüllen denselben Zweck. Dieses Prinzip wurde in Deutschland in den der Vergangenheit gehörenden Wohlstandsjahren völlig außer acht gelassen. Der Individualismus einer Leistungsgesellschaft wurde pervertiert in einem Individualismus der Leistungsempfänger. Anstatt sich individuell für das Wohl der Allgemeinheit zu bemühen, hat man sich bemüht, die Allgemeinheit zu „kassieren“. Zu tun gibt es sehr viel, obschon nicht für alle gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze geschaffen werden können. Auch wenn in kleinerem Umfang, sollten dennoch Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger einige Lasten der Krise tragen, wie zum Beispiel Altenpflege und Umweltschutz. Zum Beispiel könnten die arbeitslos gewordenen Vorstandsmitglieder von Hoechst in Frankfurt den Boden in Frankfurt austauschen, nach der Verseuchung.
Der Status des Sozialhilfeempfängers und des Arbeitslosen könnte dadurch völlig anders aussehen. Für viele würde eine solche Lösung auch psychologisch eine Verbesserung bedeuten: Anstatt Süchte zu fördern, könnte man dadurch das Leben vieler Menschen, auch in Ostdeutschland, mit einem Sinn erfüllen.
Man könnte die Wehrpflicht völlig abschaffen, die derzeit hauptsächlich wegen der billigen Zivildienstarbeitskräfte in der Kranken- und Arbeitspflege aufrechterhalten wird. Die Schnapsidee, den Militärdienst immer weiter zu verkürzen (neulich hat Herr Gansel Herrn Rühe unterboten und statt zehn nur noch neun Monate – Schwangerschaftsersatzdienst der Männer für das Vaterland? – gefordert), würde sich dann von allein erübrigen. Piotr Olszowka
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