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Neues Asylrecht bringt Polen „Chaos“

■ Deutsche Delegation skeptisch

Bremen (taz) – „Wir gefährden die Stabilität der rechtsstaatlichen Entwicklung in Polen, wenn wir das machen“, mit diesen Worten faßte der Bremer Staatsrat für Justiz, Dr. Göbel, seine Eindrücke von den Gesprächen mit polnischen Zuständigen für Flüchtlingsfragen zusammen. Eine Delegation, an der auch verschiedene Ministerial-Mitarbeiter teilgenommen hatten, war drei Tage lang in Polen gewesen.

Ihr Fazit: Polen ist in keiner Weise auf die Bewältigung größerer Flüchtlingszahlen vornereitet. Bis vor kurzem waren ganze vier Mitarbeiter in Warschau mit der Bearbeitung von Asyl-Anträgen befaßt, lokale Strukturen gibt es so wenig wie Verfahrensvorschriften.

Jeder Versuch, das geplante neue Asylrecht durchzusetzen und alle Flüchtlinge, die über Polen in die Bundesrepublik einreisen, dorthin zurückzuschieben, würde, so ist Göbel überzeugt, binnen kurzer Zeit aus dem „sicheren Drittstaat“ einen unsicheren Staat machen: Weder rechtlich noch finanziell oder polizeilich könne Polen mit zigtausenden abgeschobenen Flüchtlingen umgehen. Die Durchsetzung des neuen Asylrechts würde deshalb auch das deutsch-polnische Verhältnis gefährden. Schon droht der polnische Unterhändler Zimowski damit, daß Polen seine Unterschrift unter das Schengener Abkommen zurückziehen könnte — damit würde die Grundlage der Vorstellung entfallen, Asylbewerber könnten einfach nach Polen zurückgeschoben werden. Aber Polen ist erpreßbar: Kaum eine polnische Regierung könnte es sich leisten, daß Deutschland die Visumspflicht wieder einführt. Die freie Reisemöglichkeit bedeutet Hoffnung. Zimowski befürchtet, wenn ab 1.4. das neue Asylverfahrensrecht gilt, „Chaos“ und „schwere politische Kämpfe“ in Polen. K. W.

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