ABM-Stopp stoppt viele Projekte

■ Zunahme der Arbeitslosigkeit im Osten befürchtet

Berlin. Für einen Nachtragshaushalt der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg will sich Arbeitssenatorin Christine Bergmann bei den Verhandlungen zum Solidarpakt einsetzen. Dies erklärte die SPD-Politikerin gestern vor dem Frauenausschuß im Berliner Abgeordnetenhaus. Sollte es bei der getroffenen Entscheidung der BA bleiben, für alle neuen ABM-Projekte keine neuen Gelder mehr zu bewilligen, müßten nach Angaben von Bergmann allein bis zum Mai 7.500 ABM-Stellen in Berlin wegfallen.

Bergmann wies noch einmal auf die besonders prekäre Lage für Frauen hin. Im Ostteil der Stadt seien die Hälfte der rund 30.000 ABM-Kräfte Frauen. Der Nürnberger Erlaß „haue voll in die konstruktive Arbeit hinein“, eine Infrastruktur für Frauenarbeit zu schaffen, so Bergmann.

In der gestrigen Sitzung hatten zuvor Vertreterinnen von Frauenprojekten die Auswirkungen des Nürnberger Erlasses geschildert. Ingrid Schirner vom Ostberliner Verein „Offensiv 91“ aus Treptow beklagte, daß von insgesamt 29 Stellen 26 durch den Beschluß bedroht seien. 35 Prozent des Teams bestünden aus alleinerziehenden Müttern, und ein ebenso großer Anteil sei über 45 Jahre und habe daher kaum eine Chance, eine „normale Arbeit zu finden“.

Claudia Buckwer vom Verein „Wirkstoff“ und Sprecherin für das Plenum Ostberliner Frauenprojekte verwies darauf, daß 132 ABM-Stellen in 16 von ihr befragten Frauenprojekten bis Ende des Jahres ausliefen. Da nur zehn Stellen vom Senat bezahlt würden, müßten sechs Projekte ganz aufgelöst werden.

Dunkle Wolken hängen auch über der Drogenberatung in Ostberlin: Die Gemeinnützige Gesellschaft „Mobile“, die im Ostteil der Stadt elf Anlaufstellen zur Suchtprävention aufgebaut hat, mußte bereits ein Drittel ihrer Mitarbeiter zum 1. März entlassen. Ohne Zwischenfinanzierung könne das Projekt nicht überleben, so Geschäftsführer Wilfried Köhn gestern.

Auf Protest stieß der ABM- Stopp auch bei Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD). Dadurch würden Privatisierungsbemühungen der Treuhandanstalt „in erheblichem Maße“ behindert. Nach Ansicht des Wirtschaftssenators sei die soziale Abfederung durch ABM-Gesellschaften ein notwendiger Bestandteil bei Verkäufen, da Investoren in vielen Fällen nur ein Teil der Beschäftigten mit übernehmen.

Berechnungen der Senatsverwaltung für Wirtschaft zufolge droht in Ostberlin ein erheblicher Anstieg der Arbeitslosenzahlen, wenn ABM und andere Maßnahmen des Bundes gestoppt werden. Bei einem Mittelfortfall erhöht sich die derzeitige Arbeitslosenquote in Ostberlin von 13,7 Prozent auf 22,6 Prozent. Darin enthalten sind ABM, Kurzarbeit und Maßnahmen für berufliche Weiterbildung. Severin Weiland