Olympia-Express legt Bahnverkehr lahm

■ Studie: Regionale Vorzeigebahn kostet 320 Millionen Mark IOC-Sicherheitsanforderungen machen teure Umbauten nötig

Berlin. Noch vor vier Wochen frohlockte der Staatssekretär in der Verkehrsverwaltung, Ingo Schmitt, daß der Olympia-Express nur 112 Millionen Mark koste und damit weit unter dem Ansatz von 150 Millionen läge, der intern für das „Herzstück“ der Olympiabewerbung veranschlagt werde. Schmitt entnahm die gute Botschaft einer Studie, die im Auftrag seiner Verwaltung die Kosten für eine Schienenverbindung zwischen den Olympiastandorten errechnete. Allerdings hat er das Werk unvollständig zitiert. Denn unter dem Stichwort „Fahrzeug“ vermerkt die Studie, die der taz vorliegt, daß die Kosten 320 Millionen Mark betragen. Diese Summe veranschlagt die Firma AEG-Westinghouse für Entwicklung und Produktion dieses „neuen Typs von Regionalverkehrswagen“.

Die Differenz zwischen der Gesamtsumme und dem weit höheren Teilbetrag erklärt sich aus der speziellen Rechnungsweise der Olympiabetreiber. „Aus dem Finanzprogramm Olympia 2000“, so ist der Studie zu entnehmen, „werden aller Voraussicht nach jedoch nur die Kosten für die olympiabedingten Spezialeinrichtungen inklusive der Rückbaukosten finanziert werden“. Unter diesen „Rahmenbedingungen“ ergäben sich Kosten für das Express-Fahrzeug lediglich in Höhe von 27,2 Millionen Mark.

Dies ist nicht die einzige offene Rechnung, die in der Gesamtkalkulation des Olympiatransporters enthalten ist. So geht die Studie davon aus, daß „Anlagen des Olympia-Expresses, die auch nach den Olympischen Spielen durch die Bahn genutzt werden, auch von der Bahn geplant, finanziert und durchgeführt“ werden. Doch auch trotz dieser großzügigen Inanspruchnahme der Bahngelder bleiben noch erhebliche Kosten, die nicht gedeckt sind. Vor allem der Wunsch des IOC nach einer „umfassenden, aber auch diskreten Sicherheit“ bereitet den Planern Kopfschmerzen. Die nötigen Trennwände dürfen laut „Eisenbahnbau- und Betriebsordnung“ aber nur bei einem Gleisabstand von acht Metern gebaut werden – das Geld für die auf vielen Bahnhöfen nötigen Umbauten, so das Fazit der Studie, „ist in der Kostenkalkulation nicht berücksichtigt“.

Genausowenig wurden bislang die Mittel einberechnet, die erforderlich sind, um einer weiteren Sicherheitserfordernis Rechnung zu tragen: „Das Halten/Vorbeifahren anderer Züge an Bahnsteigkanten des Olympia-Expresses darf grundsätzlich nicht zugelassen werden.“ Zwar seien Ausnahmen möglich, doch steht bereits fest, daß aufgrund dieser Sicherheitsanforderung „auf dem östlichen Berliner Innenstadtring im Abschnitt Ostkreuz-Gesundbrunnen kein weiterer Zugverkehr stattfinden“ kann. Das gleiche gilt für den Streckenabschnitt Charlottenburg–Güterbahnhof Westkreuz, der Bahnhof Jungfernheide müßte geschlossen werden.

Weniger der Geldbeutel, dafür aber um so mehr die Nerven der Berliner werden durch den Wunsch des IOC strapaziert werden, den Transport der rund 100.000 Köpfe zählenden olympischen Familie vom allgemeinen Besucherverkehr und vom übrigen Eisenbahnverkehr zu trennen. Die entsprechenden Absperrungen werden, so die Planer, zu „erheblichen Störungen des Flusses der Reisenden“ und zu „langen und umständlichen Wegen“ führen und zum Teil Neubaumaßnahmen erforderlich machen.

Um die Bahnanlagen des Olympia-Expresses „gegen Einwirkung durch Unbefugte zu sichern“, wird die Sperrung ganzer Straßen während der Spiele erwogen. Bereits jetzt steht fest, daß Abstriche an diesem Sicherheitskonzept „nicht zulässig“ sind. Dieter Rulff