■ Texas: Kampf zwischen Sekte und Polizei geht weiter
: „Jesus Christus“ gibt nicht auf

Waco/Texas (dpa/taz) – In der seit Tagen andauernden Auseinandersetzung zwischen der Polizei und einer fanatischen Sekte im US-Bundesstaat Texas war auch am Mittwoch kein Ende absehbar. Sektenführer Vernon Howell gab trotz Erfüllung seiner Forderungen– die Verkündung seiner knapp einstündigen „Botschaft“ über die Medien – bisher nicht auf. Der 33jährige hält sich weiter mit seinen schwerbewaffneten Anhängern auf einer Farm in Waco verschanzt. Unterdessen wurde bekannt, daß auf seiten der Sektenanhänger bei dem Schußwechsel am Sonntag vermutlich 15 Menschen ums Leben kamen.

Am Montag und Dienstag hatte Howell, der sich für Jesus Christus hält, nach zähen Verhandlungen insgesamt 18 Kinder und zwei Frauen freigelassen. Am Dienstag abend kündigte er an, er werde aufgeben, wenn seine „Botschaft“ über die Medien verbreitet werde. Obwohl inzwischen zwei Rundfunkanstalten – eine lokale und eine landesweit sendende – dem Gesuch nachkamen, blieb die Situation unverändert. In dem Tonband mit unzusammenhängendem Inhalt zitiert Howell Bibelpassagen und äußert seine Besorgnis über die Menschen auf der Farm und in der ganzen Welt. „Sogar ein Mann wie Christus muß sich dem Unglauben stellen“, sagte er.

Zeitungsberichten zufolge sollen einige der freigelassenen Kinder berichtet haben, am Sonntag seien sieben Sektenmitglieder bei dem Schußwechsel mit der Polizei getötet worden. Die Behörden gingen sogar von 15 Toten aus, hieß es. Offiziell gab es zu diesen Zahlen keine Stellungnahme.

Die Behörden haben ihr Aufgebot vor dem 33 Hektar großen Anwesen der Sekte östlich der Stadt Waco inzwischen auf 450 Mann verstärkt. Die Belagerung des Anwesens hatte am Sonntag begonnen, nachdem bei einer Razzia mindestens fünf Menschen – darunter vier Polizisten – getötet worden waren. Die Sektenanhänger und ihr Anführer, der sich auch David Koresh nennt, hatten die rund 100 Bundespolizeibeamten, die das Haus der Sekte nach Waffen und Sprengstoff durchsuchen wollten, bei ihrer Ankunft mit Gewehrfeuer empfangen.

Howells Sekte mit dem Namen „Davidianer-Zweig“ (Branch Davidians), die schätzungsweise 2.000 bis 3.000 Mitglieder hat, ist eine Splittergruppe der in den USA relativ erfolgreichen Adventistenkirche vom Siebten Tag. Der 33jährige war Berichten zufolge 1987 nach einem bewaffneten Machtkampf als Sieger hervorgegangen.

Beobachter hielten bei der Sekte einen ähnlichen Massenselbstmord oder ein Massaker für denkbar wie bei den Anhängern des US-Sektenpredigers Jim Jones 1978 im südamerikanischen Guayana. Damals hatten sich eintausend Jones-Anhänger entweder freiwillig vergiftet oder waren von anderen ermordet worden.