Washington will Luftbrücke nach Ostbosnien fortsetzen

■ Serben blockieren weiterhin Hilfe für Cerska

Wien (taz/AFP) – Trotz internationalen Drucks weigern sich die bosnischen Serben weiterhin, die Versorgung von etwa 20.000 Flüchtlingen im Gebiet um die ostbosnische Stadt Cerska zuzulassen. Ein Konvoi mit Krankentransportern wartete bei Redaktionsschluß noch immer an der bosnisch-serbischen Grenze auf die Genehmigung zur Weiterfahrt. Funkamateure aus der Gegend berichteten, daß sich 30.000 Menschen von der ostbosnischen Stadt Konjevici auf der Flucht in das 30 Kilometer entfernte Tuzla vorbereiteten. Unterdessen kündigten die USA an, die Hilfsflüge über Ostbosnien fortzusetzen.

Im Schatten der US-Luftbrücke hatten serbische Truppen am Dienstag eine Großoffensive gestartet. Wenige Stunden nach dem Abwurf der Care-Pakete waren starke serbische Panzereinheiten vorgerückt. Flüchtlinge aus der Region berichteten von einem Blutbad bei der Eroberung Cerskas. An die 500 Zivilisten sollen ermordet worden sein. Frauen und Kindern habe man die Kehlen durchschnitten, Männer erschossen.

Radio Sarajevo übertrug diese Meldungen in seinen Nachrichtensendungen und hielt mit Kritik an den USA nicht zurück: Weshalb hätte die Aufklärung nicht bemerkt, daß die Serben eine Großoffensive in Ostbosnien planten, weshalb habe man die Bevölkerung vertröstet, auf Hilfslieferungen zu warten, anstatt sie über den drohenden Angriff aufzuklären?

Aus Belgrad verlautete, man habe mit dem „Verteidigungsschlag“ gegen die Muslimanen nicht länger warten können, da sich abzeichnete, daß die Luftbrücke nur die erste Stufe eines militärischen Eingreifens der USA sei. Dafür spreche die Zusage Jelzins, die amerikanische Luftbrücke zu unterstützen. Bei Gesprächen in Moskau hätten sich beide Großmächte zuungunsten Serbiens „abgestimmt“.

Der kroatischen Nachrichtenagentur Hlina zufolge haben UN-Soldaten am Dienstag in Bosnien erstmals serbische Angriffe erwidert. Zu dem Zwischenfall kam es, als serbische Truppen bei Mostar einen UN-Hilfskonvoi mit Artillerie angriffen. Karl Gersuny Siehe auch Seiten 8 und 10