Rache oder Schmusedecke

■ Politischer Sprechgesang im März: Ice Cube, Arrested Development und andere

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Arrested Development und andere

Der Militarismus des Gangsta- Raps, sein ledernackiger Guerilla- Starrsinn, der oft die prinzipielle Gleichberechtigung zu einem Rachefeldzug ohne politische Analyse verkommen läßt und sich mit Fetischen aus dem Waffenarsenal der weißen Unterdrücker in die schwarze Version dieser verwandelt, ist hierzulande immer ein unverstandenes Phänomen geblieben. Trotz unermüdlichen Advokatentums einer überschaubaren Clique von Musikjournalisten, die für sich im HipHop historische Korrekturen entdecken wollten, ist der inhaltliche Diskurs mit und über Strike-Back-Prediger wie Ice Cube, Da Lench Mob oder Geto Boys, um nur die zu nennen, die diesen Monat in Hamburg spielen, nie an das Ohr der Musikkonsumenten gedrungen. Ihre Wahl eröffnet sich über Groove, Sound, Kult und Sex und akzeptiert Chauvinismus, Rassismus und Militarismus, solange er von Schwarzen kommt, ohne Wimpernzucken. Unter der hirnrissigen Lizenz „politically correct“ regiert der reine Musikgeschmack. Ice Cube auf The Predator (US-No1-Album) und seine Fellows von Da Lench Mob auf Guerilla In Tha Mist bedienen dieses Bedürfnis neuerdings mit coolen Funkgrooves und schmeichelnden Arrangements. Ob aus Kalkül oder Instinkt sei dahingestellt, das Ergebnis weht dem latenten Monotonismus des Gangsta- Rap neue Impulse ein.

Arrested Development erreichen ihren musikalischen Siegeszug dagegen mit einer HipHop-Spielart der Alice's Restaurant-Ingredienzen. Wie seinerzeit in Arlo Guthries Kultfilm springt in AD-Videos die Band aus jungen Hippies mit gespitztem Unrechtsbewußtsein durch die Ländlichkeit des endlosen Amerikas. Gelenkt von Gottvertrauen und Martin-Luther-King-Worten operieren sie mit swingenden Schmusedecken und hinweisenden Texten und schleichen sich so in die Her-

1zensecken von Alt und Jung. Ihr Blick kommt zurück aus einer erreichten Integration und findet Unrecht vom Standpunkt des Abiturs.

Zwischen derartigen Positionen sucht auch die deutsche HipHop- Szene ihren Weg. Unter dem Slogan Kill The Nation With A Groove haben Buback Tonträger jetzt eine Compilation mit alten und neuen Vertretern der heimatlichen HipHop-Community herausgebracht, die am heutigen Freitag in der Fa-

1brik musikalisch präsentiert wird. Mit dabei: IQ, Advanced Chemistry, Absolute Beginners, Easy Business, Readykill, Cora E und viele andere mehr. (LP-Besprechung demnächst). Außerdem poprappen Shinehead und die „Greulichste Vier“ den Monat rund. Till Briegleb

heute: HipHopJam, Fabrik - 15.3.: Ice Cube/Da Lench Mob, Gr. Freiheit - 17.3.: Shinehead, Markthalle - 21.3.: Geto Boys, Gr. Freiheit - 29.3.: Arrested Development, Docks