Todesfall unter mysteriösen Umständen

■ Helpe.V. stellte Strafanzeige gegen drei Leiter von psychiatrischen Kliniken

Berlin. „Mein Rachegeist sei übertrieben und Stasi-Leute auch nur Menschen“, sagte Heinz Karstädt gestern auf einer Pressekonferenz. Er ist eines der rund 60 Opfer der DDR-Justiz, die von der Organisation Helpe.V. in Berlin unterstützt werden. Er wurde als Regimekritiker zweimal zwangsweise in eine Psychiatrie eingewiesen und medikamentös behandelt. Seit der Wende kämpft er für eine Entschädigung und Bestrafung der Ärzte, die ihm das angetan haben.

„Viele der Betroffenen, die zu uns kommen, sind total am Ende und kommen mit der Situation nicht klar“, berichtete Natascha Quitt, eine von vier ABM-Kräften, die bei Helpe.V. arbeiten. Neben der konkreten Beratung verstehe Helpe.V. seine Arbeit auch als Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit. Unklar sei, wie es weitergehe. „Auch wir sind vom ABM-Stopp betroffen“, sagte sie.

„Viele der Opfer glauben nicht mehr, daß der Rechtsstaat in der Lage ist, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Der Zeitpunkt für ein richtiges Tribunal ist verpaßt worden“, klagte Vorstandsmitglied Joachim Böhm. Besonders wütend mache sie, daß die Täter weiter auf ganzer Linie verhätschelt würden. Helpe.V. will den Opfern helfen, sich zu wehren.

Um auf die Zustände hinzuweisen, ist Helpe.V. jetzt mit einem besonders krassen Fall an die Öffentlichkeit getreten. Am 1. März wurde Strafanzeige gegen die Leiter der psychiatrischen Kliniken in Schwerin, Waldheim und Stralsund gestellt. Vorwurf: Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Mordverdacht.

Im April 1972 wurde der damals 14jährige, leicht behinderte Klaus Hentschel aus Palingen in Mecklenburg-Vorpommern abgeholt und in die Bezirks-Nervenklinik Schwerin eingewiesen. Angeblich habe Klaus im Grenzgebiet mit Feuer gespielt. In den folgenden Jahren wurde der Mutter jede Auskunft über den Verbleib des Jungen verweigert. Ihr wurde mit Repressionen gedroht. „Wir haben Anhaltspunkte, daß an dem Jungen Versuche mit Medikamenten durchgeführt wurden“, sagte Peter Alexander Hussok, Vorsitzender von Helpe.V. 1991 starb Klaus Hentschel unter mysteriösen Umständen. Der Mutter wurde die Rechnung des Bestattungsunternehmens zugeschickt.

„Wir haben wenig Hoffnung, daß die Täter ihre gerechte Strafe bekommen“, so Hussok. Heinz Karstädt drohte noch: „Denen da oben trauen wir nicht mehr. Bei der nächsten Wahl wähle ich rechts, und zwar radikal.“ Julia Gerlach