piwik no script img

Unverdampft

■ Mini-Satellit ist statt im All wieder in Bremen

Drei Jahre dauerte die Kinderstube; Vater und Mutter ZARM hegten und pflegten ihr Baby mit Liebe, auch Mitternachts und nachts um zwei. Freizeit kannten die ZARMs nicht mehr. Doch dann ging es hinaus in die Welt — Baby sollte sich nützlich machen und wurde nach Übersee geschickt — zu Tante NASA. Die aber wollte das Balg nicht haben und schickte es wieder zurück. Am gestrigen Freitag konnten die ZARMs ihr Baby wieder ans Herz drücken — mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Das Baby ist einen halben Meter groß, 63 Kilo schwer, von zylindrischer Form und blinkt schwärzlich-bläulich. Der beim Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) in Bremen entwickelte Mikro-Satellit BremSat hätte eigentlich mit dem Space Shuttle der „D2-Weltraummission“ ins All geschickt werden sollen. Dort hätte der BremSat eine Reihe vollautomatischer Versuche und Messungen absolvieren sollen, bevor er nach gut 40 Tagen in der Atmosphäre verdampft wäre. Doch die amerikanische Weltraumbehörde NASA zeigte sich außerstande, den simplen Aussetzmechanismus am Shuttle rechtzeitig in Ordnung zu bringen. „Eure Pay- Load ist wieder draußen“ hieß die knappe Botschaft, die dem frustrierten Bremer Team bedeutete, daß die „Nutzlast“ wie

der abgeholt werden könne.

Der Chef des wegen des „Bremer Fallturms“ weltweit bekannten Uni-Instituts ZARM, Prof. Hans Rath: „Wir waren anfangs sehr geknickt.“ Man ist im ZARM sehr stolz auf die kleine High-Tec-Kiste, die womöglich der unbemenschten Raumfahrt neuen Auftrieb geben kann. Gerade in Zeiten der nationalen Finanzknappheit werden nämlich die „bemannten“ Projekte reihenweise „abgeschmolzen“. Kleine Projekte wie der BremSat sind flexibel, schnell (drei Jahre Entwicklungszeit) und billig (rund acht Millionen Mark).

Alle Hoffnungen des ZARM richten sich auf den November, dann ist wieder ein Shuttle-Start geplant. Der NASA mag man aber so recht nicht mehr über den Weg trauen: „Wenn der Novembertermin ebenfalls platzt, ist jedenfalls sicher: Das ist gewollt,“ schimpft Hans Rath. Seine Mitarbeiter kümmern sich derweil im staubfreien „Reinraum“ des ZARM um das Baby. Der medizinische Total-check dauert 50 Sekunden — bis am „Kopf“ die roten Lämpchen flackern: das Baby ist o.k.! Team-Mitarbeiter Königsmann mit der verbrannten Nase (bei der NASA scheint die Sonne!) horcht das Baby mit dem Stetoskop ab: „Ich höre so das Schwungrad.“ Jetzt noch ein Ölwechsel und einmal Batteriepflege — und der jüngste Sproß des Hauses ZARM ist wieder daheim. Bus / Foto: W.St.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen