Eine Welt ohne Armeen

■ betr.: "Nur noch zehn Monate Wehrdienst?", taz vom 24.2.93

betr.: „Nur noch zehn Monate Wehrdienst?“, taz vom 24.2.93

[...] Wer wie ich die Wirkung dieser Wehrpflicht am eigenen Leib erfahren hat, weiß,wie entwürdigend sie ist. Und wie sie dazu dient, junge Menschen durch viel Drill und Schikane zum Gehorsam abzurichten. Deshalb spricht schon allein das Recht auf Menschenwürde für die Abschaffung der Wehrpflicht!

Mein Ziel ist eine zivile Gesellschaft, die sich in bezug auf Machtpolitik selber beschränkt. Dazu gehört eine Bundesrepublik und letztlich eine Welt ohne Armee(n). Das steinzeitliche Denken, Gewalt und Krieg seien taugliche Mittel zur Lösung von Konflikten, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.

Da wir von diesem Punkt noch weit entfernt sind, ist aus meiner Sicht eine Freiwilligenarmee zugunsten der Abschaffung der Wehrpflicht als kleineres Übel in Kauf zu nehmen. Es geht nicht um eine Berufsarmee, sondern um eine Armee mit überwiegend zwei bis vier Jahren tätigen Freiwilligen. Dies würde den Austausch mit der Gesellschaft garantieren. Die demokratische Kontrolle ist ohnehin von der Öffentlichkeit und den gewählten Repräsentanten wahrzunehmen.

Allerdings steht der politischen Klasse der Bundesrepublik der Sinn nicht nach Entmilitarisierung. Nachdem der Feind im Osten verlorenging, werden derzeit die Pflöcke für neue Aufgabenfelder eingerammt. Es ist zu befürchten, daß die Debatte um eine Erweiterung des Einsatzgebietes der deutschen Armee bald beendet werden. Noch in diesem, spätestens aber nächstes Jahr wird die Bundeswehr daran mitwirken können, die „neue Weltordnung“ auch gewaltsam durchzusetzen.

[...] Wer dies nicht will, der muß sich engagieren für den Weg einer zivilen Gesellschaft mit machtpolitischer Selbstbeschränkung, damit der von allen etablierten politischen Parteien mehrheitlich eingeschlagene Kurs abgewendet werden kann, der eindeutig in Richtung Ausbau der Machtposition Deutschlands mit noch stärkerer Unterfütterung durch militärische Mittel als in der Vergangenheit geht. Michael Schmid, Friedensnetz

Gammertingen