Knapp 3,5 Millionen Arbeitslose

Arbeitslosigkeit im Westen gestiegen, im Osten leicht gesunken/ Mehr Kurzarbeiter/ ABM-Stopp bleibt/ BA-Präsident Jagoda betont Loyalität zur Bundesregierung  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Der Arbeitsmarkt macht dem Präsidenten der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit nach eigenen Angaben „zur Zeit wenig Freude“. Wie schon im Monat zuvor mußte Bernhard Jagoda auch für den Februar steigende Arbeitslosenzahlen vermelden. In ganz Deutschland sind derzeit knapp 3,5 Millionen Menschen ohne Arbeit, 17.000 mehr als einen Monat zuvor.

Grund genug für beruhigende Worte. Die Nürnberger Bundesanstalt sei zwar „eine arme Behörde“, betonte Jagoda, die 90.000 Vollzeitkräfte seien aber „alles fleißige Leute“, die die finanziellen Mittel dort einsetzten, „wo sie am dringendsten benötigt“ würden.

Im Februar entwickelten sich die Arbeitsmärkte Ost und West unterschiedlich. In den alten Bundesländern machte sich die schlechte Konjunktur und der „überdurchschnittlich kalte“ Februar in einer stark erhöhten Zahl von Arbeitslosen und Kurzarbeitern bemerkbar.

2.287.900 Arbeitslose hat die Nürnberger Behörde Ende Februar registriert, das sind 30.900 mehr als im Januar und knapp 425.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote beträgt jetzt 7,5 Prozent. Innerhalb eines Monats ist die Zahl der Kurzarbeiter gar um 185.000 auf derzeit 1,042 Millionen gestiegen. Den größten Zuwachs verzeichnete dabei der Straßenfahrzeugbau, beträchtlich betroffen sind auch der Maschinenbau, die Elektrotechnik und die Bauwirtschaft.

Leicht rückläufige Tendenzen ergeben sich bei der Arbeitslosigkeit dagegen im Osten. In den neuen Bundesländern waren Ende Februar 1.180.700 Menschen arbeitslos, das sind 13.700 weniger als im Januar. Dementsprechend sank die Quote von 14,7 auf 14,5 Prozent.

Ohne die arbeitsmarktpolitischen Instrumente wie Altersübergangsgeld, berufliche Weiterbildung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und Kurzarbeit wäre die Arbeitslosigkeit im Osten um 1,7 Millionen höher. Zum ersten Mal seit April 1991 ist dort die Zahl der Kurzarbeiter wieder gestiegen. Derzeit sind davon 234.900 betroffen, insbesondere in der Baubranche und im Kfz-Bau.

Weiter rückläufig in Ost und West ist die Zahl Beschäftigten in AB-Maßnahmen. Allein gegenüber dem November letzten Jahres ist Zahl der ABM im Westen um 10.000 und im Osten um 50.000 zurückgegangen. Derzeit befinden sich 375.000 Personen in AB-Maßnahmen.

Jagoda verteidigte noch einmal seinen Mitte Februar erlassenen ABM-Stopp. Dies sei kein „Profilierungsversuch des neuen Präsidenten der Bundesanstalt gewesen, sondern bittere Notwendigkeit, das Gesetz zu erfüllen“.

Zudem befinde sich die Nürnberger Behörde „grundsätzlich in einer Loyalitätspflicht gegenüber jeder Bundesregierung“. Deswegen müsse man mit den vorgesehenen Mitteln auszukommen versuchen. Bei der Mittelausschöpfung wolle die Bundesanstalt eine „absolute Zielgenauigkeit“ anstreben.

Entgegen anderslautenden Stellungnahmen aus einigen Landesarbeitsämtern verkündete Jagoda erneut, daß die gesamten für das Jahr 1993 für ABM vorgesehenen Mittel in Höhe von 9,9 Milliarden bereits „verplant und gebunden“ seien.

Hoffnungen auf zusätzliche Gelder durch Umschichtungen innerhalb des Haushalts der Bundesanstalt machte er keine. Lediglich bewilligte, aber nicht besetzte AB- Maßnahmen könnten Spielräume für neue ABM schaffen.

Statt auf ABM setzt der BA- Präsident zukünftig seine Hoffnungen auf Lohnkostenzuschüsse für Beschäftigungsmaßnahmen vor allem im Bereich der Umweltsanierung.

Etwa 20.000 Stellen sollen so ab Anfang April im Bereich der Braunkohleindustrie in der Ex- DDR gestützt werden. Pro Stelle schießt die BA monatlich 1.260 DM zu, den Rest muß der Unternehmer übernehmen. Im Jahresdurchschnitt sollen etwa 70.000 Menschen in den Genuß solcher Maßnahmen kommen.

Besondere Verlierer auf dem Arbeitsmarkt Ost sind nach wie vor die Frauen. 61,8 Prozent der Arbeitslosen im Februar waren weiblich. Die Arbeitslosenquote für Frauen ist mit 19,3 Prozent derzeit fast doppelt so groß wie die für Männer. Daran wird sich wenig ändern, denn bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind Frauen unterrepräsentiert. Nur knapp 45 Prozent der ABM-Beschäftigten in den neuen Ländern sind weiblich.