■ Das Portrait
: Nicholas Ridley

„Er war ein wahrhaft großer Engländer“, sagte die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher über ihren früheren Industrieminister Nicholas Ridley. Der Tory-Abgeordnete Nicholas Soames fügte hinzu: „Er war furchtbar schlau, niemals langweilig und immer faszinierend.“ Der Kettenraucher Ridley starb am Freitag im Alter von 64 Jahren an Lungenkrebs.

Zu seinen Lebzeiten waren solche Lobpreisungen eher selten. Ridley, von Haus aus Ingenieur, zog 1959 zum ersten Mal als Abgeordneter ins Unterhaus ein. Er trat von Anfang an vehement für die freie Marktwirtschaft ein und wurde 1970 vom damaligen Premierminister Edward Heath als Staatssekretär im Industrieministerium berufen. Wenig später wurde er von Heath, der für eine interventionistische Politik eintrat, wieder gefeuert. So lag es auf der Hand, daß Ridley sich schon früh Margaret Thatcher zuwandte, die er bis zu ihrem Sturz in jeder Situation unterstützte. Bei ihrer Machtübernahme 1979 mußte er sich zunächst mit dem Job als Staatssekretär im Außenministerium begnügen. Dort sorgte er für Furore, als er während der Malwinenkrise vorschlug, die umstrittenen Inseln an Argentinien zurückzugeben und sie langfristig zu pachten.

Im Oktober 1983 machte Thatcher ihren Vertrauten zum Transport- und drei Jahre später zum Umweltminister. In dieser Funktion war er für die Kopfsteuer verantwortlich, die Thatcher schließlich den Kopf kostete. Ridley mußte freilich schon vor ihr seinen Hut nehmen. In einem Interview mit dem Spectator im Jahr 1990 hatte er – inzwischen Industrieminister – Bundeskanzler Helmut Kohl mit Hitler verglichen und gewarnt, Europa werde „zum Schoßhündchen der Deutschen“.

hier Foto Nr. 15

Foto: Reuter

Im letzten April wurde er vom Thatcher-Nachfolger John Major als Altlast ins Oberhaus entsorgt – als Lord Ridley of Liddesdale. Im Februar verdammte er zum wiederholten Mal die Europäische Währungsunion. Und noch am letzten Mittwoch schlug er in einem Zeitungsinterview vor, Einkommen ab 50.000 Pfund (ca. 120.000 Mark) mit 50 Prozent zu besteuern. Nach dem Tod des lautstarken Thatcheristen, der in seiner Freizeit ständig das Westminster-Parlament malte und die Bilder an seine Kollegen verkaufte, ist John Major um eine potentielle Fallgrube ärmer. Ralf Sotscheck