piwik no script img

Gelogene Nachrichten

1989 — das Jahr der Feierlichkeiten zur historischen französischen Revolution wurde zum historischen Jahr der Revolutionen in Osteuropa. Per Fernsehen kamen die bewegenden Momente in die Wohnstuben: Vaclav Havel auf dem Wenzelsplatz, jubelnde Demokraten in Bukarest, der Fall der Mauer. Eine Blut- und Bilderspur sondergleichen zog, die westliche Katastrophenliebe befriedigend, dagegen die rumänische Revolution durch die Medien der Welt.

Der seit 1981 in Deutschland lebende, im rumänischen Temesvar geborene Schriftsteller, Literatur- und Medienwissenschaftler Andrei Ujica untersuchte das Zusammenspiel von Medien, Wirklichkeit und Medienwirklichkeit im Zuge der Umwälzungen in seiner Heimat. Wie aus komfortabler Entfernung geschichtliche Vorgänge konsumierbar gemacht, manipuliert und verfälscht wurden, beschreibt er in dem Buch „Television/Revolution — Das Ultimatum des Bildes“ (Jonas Verlag). Sein gesammeltes Bild- und Filmmaterial stellte er zu den Videogrammen einer Revolution zusammen.

Sendete das Fernsehen live, was es selbst inszenierte? Fest steht jedenfalls, daß an einem einzigen Tag die Zahlen der Opfer zwischen 100 und 2000 bis 4000 Toten schwankten. Schließlich kam es so weit, daß die Sekundärinformationen wie Pingpong-Bälle hinundhersprangen, Ujica: „Mit ungesicherten Berichterstattungen informierten sich das rumänische Fernsehen und die westlichen Bild- und Printmedien gegenseitig.“ Was gab's in den Nachrichten? Falsche Zahlen, falsche Bilder, falsche Kontrahenten, falsche Opfer. Wie das funktionierte, erklärt Andrei Ujica heute abend auch — live. jk

(Lichtmeß, heute in Anwesenheit von Andrei Ujica, und 12., 14.3., 21 Uhr)

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen