Keine Strafen für Brunnenvergifter

■ Früher ein Symbol für Reinheit und Leben, ist das Hamburger Wasser heute durch Gift und Galle gefährdet

„Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Jetzt gang i an's Brünnele“: Um Brunnen ranken sich Lieder, Sagen und Mythen. Sie waren Treffpunkt, versorgten die Menschen mit dem lebensnotwendigen Naß und waren Symbol für Reinheit, Leben, Liebe. Heute kommt das Wasser aus der Leitung. Die 150 öffentlichen Brunnen in Hamburg dienen nur noch der Zierde. Einige der prachtvolleren Exemplare zeigt die Ausstellung „Brunnen in Hamburg“, die zur Zeit im Info-Treff der Hamburger Wasserwerke am Rathausmarkt zu besichtigen ist.

Brunnenvergiftern ging es im Mittelalter ans Leben. Auch heute ist die Trinkwasserversorgung durch Verunreinigungen gefährdet, aber es droht nicht mehr die Todesstrafe. Dabei müsse der Spruch gelten „Wer den Brunnen nicht ehrt, ist des Wassers nicht wert“, sagte Hans-Werner Krüger von den Hamburger Wasserwerken bei der Ausstellungseröffnung, man müßte ihm „den Hahn abdrehen“.

Aber die heutigen Brunnenvergifter sind nicht so leicht dingfest zu machen. Durch Verunreinigungen gefährdet sind die Grundwasserwerke in Stellingen, der Süderelbmarsch und der Haseldorfer Marsch. Drei der insgesamt zwölf Brunnen des Wasserwerks Stellingen wurden im vergangenen Jahr stillgelegt werden. Vom benachbarten Industriegebiet in Eidelstedt breiten sich Lösemittel und andere Schadstoffe im oberflächennahen Grundwasser aus.

Auch andernorts sickern Chemikalien von Deponien, Spülfeldern, industriellen Altlasten oder landwirtschaftlichz genutzten Böden langsam aber unaufhaltsam in die feuchte Tiefe. In der Süderelbmarsch müssen die HWW zunehmend auf tiefere Grundwasserleiter umsteigen . Zur Hälfte wird das Wasser dort bereits aus den Braunkohlensanden aus bis zu 350 Metern Tiefe gefördert.

In der Haseldorfer Marsch machen die Pestizide Probleme. Noch mußten dort keine Brunnen geschlossen werden. Aber das kann eine Frage der Zeit sein. In den Nachbargemeinden Pinneberg, Elmshorn mußten Brunnen wegen Pestizid-Belastunstillgelegt werden. Trotz dieser schleichenden Gefahren geht der staatliche Grundwasserschutz in Hamburg nur schleppend voran. Nur um das Wasserwerk Baursberg in Blankenese gibt es bisher ein offizielles Wasserschutzgebiet. Die Süderelbmarsch sollte nach Plan Ende 1992 unter Wasserschutz gestellt werden. Es werde noch ein wenig dauern, vertröstete der Senat am Freitag mit

ge.„Das geplante Wasserschutzgebiet Süderelbmarsch liegt in einem

zum Teil dichtbesiedelten und in großem Umfang landwirtschaftlich und gewerblich genutzten Gebiet“.

Vera Stadie

Foto-Ausstellung „Brunnen in Ham-

burg“; HWW-Info-Treff, Kleine Johan- nisstraße/Rathausstraße 2 bis Mitte Mai. „Besteht für das Stellinger Wasserwerk eine Gefahr durch die Schadsztoffbelastung der wasserführenden Schichten?“ Das soll eine öffentliche Anhörung des Eimsbüt-

teler Umweltausschusses mit Ver- tretern der Gesundheits- und Umweltbehörde und der HWW klären, die am Dienstag, dem 16.März, 17.30 Uhr im Berufsbildungswerk Hamburg, Reichsbahnstraße 55 stattfindet.