Ein Mann für gewisse Bücher

■ Seit sechs Jahren ist der spanische Buchladen „Baires“ eine Fundgrube für Lateinamerikaner und solche, die es werden wollen

Interessieren Sie sich für die neuesten Erkenntnisse der Neurochirurgie in Argentinien? Oder wollen Sie wissen, wie die Frauen in Andalusien leben? Kein Problem, Carlos Schmidt recherchiert für Sie und bestellt jedes in Spanien und auf dem lateinamerikanischen Kontinent lieferbare Buch.

Oder suchen Sie einfach ein Buch, das Sie einer spanischsprachigen Bekannten zur Hochzeit schenken könnten? Eine Familienchronik vielleicht, etwas sozialkritisch angehaucht? Auch da kann Carlos Schmidt helfen.

Vor sechs Jahren hat der Argentinier zusammen mit einem Landsmann die Buchhandlung Baires an der Rembertistraße gegründet. Damals noch im Souterrain, einem ehemaligen Gemüseladen. Als Buchvertrieb, der Bibliotheken, Buchläden, Schulen, aber auch Privatmenschen beliefert, hat Baires angefangen, mit einer kleinen „Erbschaft“ des auf Dritte-Welt-Literatur spezialisierten Vertriebs con als Grundstock. Doch als Carlos Schmidt merkte, daß er „nur noch Bücher bestellte, aus-, um-und verpackte“, erweiterte er den Vertrieb zum Laden, der zum „Treffpunkt für Lateinamerikaner und solche, die es werden wollen“, gedieh.

Der Buchhändler hat ein Auge auf seine Kundschaft: „Mich freut es, wenn ein Kunde Fortschritte macht, wenn einer, der vor fünf Jahren ganz zaghaft mit 'was leichtem, einem Kinderbuch oder so' anfing, heute nach dem neuesten Vazquez Montalban fragt.“ - Baires, sagt Carlos Schmidt, ist die „einzige Buchhandlung in ganz Deutschland, die nur spanischsprachige Bücher hat“. Da kennt er keine Kompromisse: „Deutsche Bücher kann man überall kaufen“ — der Laden hält sich dennoch und kann den Händler und seine Frau gerade ernähren.

Wer Baires betritt, gerät in ein willkürlich anmutendes Sammelsurium von Büchern, Wandteppichen, Hüten und grellfarbigen Holzpapageien. „Diese Sachen stammen aus Ecuador“, erklärt Carlos Schmidt, aus der Heimat seiner Frau, „sie machen den Laden bunter“, und nebenbei verkauft er dann eben den einen oder anderen Balsa-Vogel.

Seit der Handel mit spanischen Büchern dank einem staatlich organisierten Buchexport leichter geworden ist, hat Carlos Schmidt sich auf Bücher aus Lateinamerika spezialisiert. Jeder kann Bücher aus Spanien einführen, und diesen Händler reizt das Schwierige: die verschlungenen Wege zu den Werken aus Lateinamerika und das Risiko. Denn wie jedes andere Geschäft ist auch der Buchimport von schwankenden Wechselkursen und wirschaftspolitischen Entscheidigungen abhängig. Und weil Carlos Schmidt auch andere AutorInnen verkaufen möchte als Isabel Allende oder Gabriel Garcia Marquez, bricht er ihnen eine Lanze in Deutschland, empfiehlt sie zur Übersetzung, organisiert Lesungen und beliefert die „ganz mutigen“ Buchhandlungen, die nicht nur das Gängige wollen, mit seinen Favoriten.

Im harten Geschäft mit der Literatur hat Carlos Schmidt sich als Spezialist eine Nische erobert. Und wer Janosch mal auf Spanisch lesen will oder ganz einfach einen Gitarrenlehrer oder Dolmetscher sucht, wird bei ihm fündig. Nur bei der Frage nach einem legitimen Nachfolger des vor einigen Jahren verstorbenen Julio Cortazar, wird Carlos Schmidt Sie enttäuschen: „Den gibt es nicht.“ Diemut Roether