Vorschlag

■ Kommt alle! Hanna-Renate ehrt Steinewerfer!

Vor vier Jahren war es noch fast eine staatsfeindliche Veranstaltung. In diesem Jahr muß man schon mißtrauisch sein, wenn sich so viel politische Prominenz an den Gräbern der Revolutionäre von 1848 einfindet, um Kränze niederzulegen. Jahrelang war es ein kleines Häufchen von Leuten der „Aktion 18. März“, meist aus Berlin West, die jeweils zum Jahrestag der bürgerlichen Revolution am 18. März 1848 zur Gedenkstätte der Aufständischen kamen. Damals hatten Berliner Bürger auf den Barrikaden gegen das preußische Militär gesiegt. Rede- und Versammlungsfreiheit, Aufhebung der Zensur und allgemeine Volksbewaffnung waren einige ihrer Forderungen gewesen.

Beargwöhnt in Ost und West, hat die „Aktion 18. März – Nationalfeiertag in beiden deutschen Staaten“ seit 1979 zwischen allen politischen Stühlen gesessen. Ihr Ziel: Abschaffung der beiden politischen Feiertage 17. Juni (West) und 7. Oktober (Ost) zugunsten eines neuen gemeinsamen, dem Berliner Revolutionstag von 1848. Während den „Rechten“ im Westen die Berufung auf die revolutionäre Tradition der 1848er gar nicht schmeckte und die Organisation unter Schirmherrschaft von Heinrich Albertz und Ingeborg Drewitz zuweilen auch als „kommunistisch unterwandert“ bezeichnet wurde, beäugten westliche „Linke“ und die DDR-Bürokratie die Initiative mißtrauisch wegen ihres bewußt blockübergreifenden Ansatzes, der die Gemeinsamkeiten in beiden deutschen Staaten betonte.

So waren es im März 1989 noch zwei kleine, buntgemischte Häuflein aus Mitgliedern der „Aktion 18. März“, der Alternativen Liste und einer Delegation der BVV Wilmersdorf mit dem CDU-Bürgermeister Dohm an der Spitze, die Kränze und Blumen am Gedenkstein in der Mitte der 265 Gräber niederlegten. Ihr Ziel, einen neuen Nationalfeiertag in Ost und West durchzusetzen, hat die Initiative letztlich nicht erreicht. An demokratische Tradition und revolutionären Geist will die Initiative aber weiterhin erinnern, zumal die 1848er-Bewegung keine bornierte, auf ein Land beschränkte Angelegenheit war. Von Paris sprang der Funke nach Wien und Berlin über. In Budapest war es am 15.März soweit.

Heute kommt eine illustre Gesellschaft zusammen, um an die Berliner Revolutionstage vor 145 Jahren zu erinnern: Mitglieder der „Aktion 18. März“, die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almut Berger, als Rednerin, Abgeordnetenhaus- Präsidentin Hanna-Renate Laurien, Mitglieder der Grünen/AL, der Bürgermeister des Bezirks Friedrichshain, Helios Mendiburu, und wahrscheinlich weitere Bezirksbürgermeister, die Mendiburu eingeladen hat. Es werden nicht wie bei der Beerdigung der getöteten Barrikadenkämpfer am 22. März 1848 mehr als 50.000 Menschen dabeisein und auch nicht mehrere hunderttausend wie zum 100. Jahrestag 1948. Mehr als vor vier Jahren werden aber doch kommen. Man darf gespannt sein, wie dieser gemischte Chor die jährlich gesungenen Revolutionslieder von 1848 zustande bringt. Jürgen Karwelat

Ort der Veranstaltung: Friedhof der März-Gefallenen, Volkspark Friedrichshain, Eingang Landsberger Allee (früher: Leninallee), Zeit: 18.3. um 17 Uhr.