EG billigt Dumpingpreis

■ Sony muß für sein Grundstück keine Nachzahlung leisten / EG-Kommission folgt Wünschen von Senat und Unternehmen

Berlin. Der japanische Elektronik-Konzern Sony braucht für sein Grundstück am Potsdamer Platz keine Nachzahlung zu leisten. Die EG-Kommission wird in dem Kaufpreis für das Grundstück keine verbotene staatliche Subvention erkennen. Wie der für Wettbewerb zuständige EG-Kommissar de Mier der Europaabgeordneten der Grünen, Birgit Cramon-Daiber, jetzt mitteilte, wird sein Haus, bei der Überprüfung der Verträge den Berechungen des Berliner Wirtschaftssenators Norbert Meisner folgen. Dieser war in einer gutachterlichen Stellungnahme im Dezember letzten Jahres zu dem Ergebnis gekommen, daß der Wert des Grundstückes am Potsdamer Platz lediglich 130 Millionen Mark betrage. Dem gegenüber stünde der von Sony gezahlte Kaufpreis von 101 Millionen Mark sowie zusätzliche Leistungen des Unternehmens in Höhe von 137 Millionen Mark. Darunter fällt die Vermietung des Filmhauses Esplanade unter dem marktüblichen Satz über einen Zeitraum von 25 Jahren. Eine staatliche Subvention sei folgich nicht gegeben.

Noch im Sommer letzten Jahres war der Gutachterausschuß für Grundstückswerte in Berlin (GGB) in einem im Auftrag der EG-Kommission erstellten Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, daß der Wert des Areals am Potsdamer Platz 260 Millionen Mark betrage. Der GGB hatte seinerzeit den Preis von elf vergleichbaren Grundstücken zur Grundlage seiner Berechnungen genommen. Daraufhin hatte Meisner im Dezember seine Stellungsnahme der EG nachgereicht. Sein Grundstückswert fiel um die Hälfte niedriger aus, weil als Vergleichswerte nur Grundstücksgeschäfte berücksichtigt wurden, die vor dem am 1.März 1991 mit Sony abgeschlossenen Vertrag datierten. Diese Rechenweise hat sich nun auch die EG-Kommission zu eigen gemacht.

Allerdings ist sie mit ihrem Vorgehen nicht allein der mathematischen Plausibilität gefolgt. Dem Vernehmen nach soll Sony-Präsident Norio Ogha erst in den letzten Wochen in Brüssel vorstellig geworden sein und mit einem Rückzug seines Unternehmens aus Berlin gedroht haben, sollte die Kommission eine Nachzahlung beschließen. Auch der Senat soll die EG massiv gebeten haben, von der Sanktion abzusehen, obgleich eine Nachzahlung der Landeskasse zugute gekommen wäre.

Deshalb moniert der Abgeordnete von Bündnis 90/Grüne, Bernd Köppl, daß das Land „durch die Amigo-Verbindung zwischen Wirtschaftssenator Meisner und Sony 160 Millionen Mark“ verliere. Er verweist noch einmal darauf, daß sich Sony bei Vertragsabschluß bis zum Hauptstadtbeschluß im Juni 1991 ein Rücktrittsrecht vorbehalten habe. Deshalb, so folgert der Politiker, wäre es nur recht und billig gewesen, wenn das Land die durch den Hauptstadtbeschluß bedingte Wertsteigerung des Areals am Potsdamer Platz auch in Rechnung gestellt hätte.

Köppl sieht sich in seiner Kritik zudem durch das jüngste Geschäft am Potsdamer Platz bestätigt. Anfang der Woche hatte der unabhängige Gutachterausschuß den Wert des Geländes, das Asean Brown Boveri am Potsdamer Platz erwerben will, auf 12.000 Mark pro Quadratmeter taxiert. Dem vom GGB ermittelten Gesamtwert des Sony-Grundstückes von 260 Millionen Mark liegt ein Quadratmeterpreis von 8.400 Mark zugrunde. Sony hat jedoch für sein 31.000 Quadratmeter großes Areal lediglich 3.270 Mark pro Quadratmeter zahlen müssen. Dieter Rulff