„Asylanten loswerden“

■ Randalierer von Quedlinburg vor Gericht

Magdeburg (taz) – Die Krawalle von Rostock im vergangenen Jahr zogen eine Welle von Ausschreitungen vor Asylbewerberunterkünften hauptsächlich in Ostdeutschland nach sich. Eine besondere Qualität hatten dabei die Ausschreitungen in Quedlinburg. Sechs Nächte lang bombardierten rechtsradikale Randalierer das dortige Flüchtlingsheim mit Steinen und Molotowcocktails, dann kapitulierten die Behörden und evakuierten die Flüchtlinge.

Der erste Randalierer von Quedlinburg, der 21jährige Dirk H., sagte gestern vor dem Magdeburger Landgericht, die Rostocker Krawalle hätten ihn inspiriert. Als Motiv für seine Stein- und Molli- Würfe gab er „Abscheu gegenüber Wirtschaftsflüchtlingen“ an. Er habe das Heim angegriffen, weil „man sonst die Scheinasylanten nicht los wird“. „Generell habe ich eigentlich nichts gegen Ausländer“, behauptete Dirk H. auch. Politisch stufte er sich als „rechts, aber nicht rechtsradikal“ ein. Allerdings räumte er auf Drängen des Staatsanwalts ein, in einem Jugendclub in Quedlinburg auch schon mal Flugblätter der rechtsradikalen „Nationalistischen Front“ verteilt zu haben.

Zum Zeitpunkt der Krawalle sei er Mitglied der Quedlinburger Skinhead-Szene gewesen, habe sich aber nach seiner ersten vorläufigen Festnahme losgesagt. Erst im November wurde Dirk H. nach weiteren Ermittlungen der Polizei erneut festgenommen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Die tödliche Wirkung von Molotowcocktails war ihm bekannt. In einem NDR-Fernsehinterview hatte Dirk H. gesagt: „Natürlich war das Mordversuch, aber anders wären wir die Asylanten nicht losgeworden.“ Die Evakuierung der Flüchtlinge habe er als Sieg empfunden.

Der Staatsanwalt forderte wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Brandstiftung und Nötigung sechs Jahre Haft, der Verteidiger plädierte auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Eberhard Löblich