Die neue Devise heißt: Selber bauen!

■ Hafenstraße will Baulücken am Hafenrand schließen / Genossenschaft als Bauträger / Kollektive Fluchtreflexe in den Behörden

will Baulücken am Hafenrand schließen / Genossenschaft als Bauträger / Kollektive Fluchtreflexe in den Behörden

Ungewöhnliche Töne kommen aus der Hafenstraße: „Wir wollen bauen!“ Vom Hausbesetzer zum Hausbesesitzer? Nein, eine Gemeinnützige Genossenschaft soll Eigentümerin der Häuser werden, die die bestehenen Baulücken an der bunten Hafenmeile auffüllen soll. Ihre Pläne legten die BewohnerInnen gestern mit prominenter Unterstützung vor der Presse dar.

„Wir wollen uns jetzt in die Stadtplanung einmischen,“ begründet Bewohnerin Anne Reiche das Vorhaben. Schließlich handele es sich um städtischen Grund, bei dem die Menschen aus dem Stadtteil mitbestimmen sollten, was benötigt wird. Ihr Neubau für die Freifläche westlich der Häuser würde demzufolge auch multifunktional: Neben Wohnraum für 80 Nutzer sollen eine Stadtteilhalle, eine Stadtteilkantine, eine Kindertagesstätte, ein öffentliches Badehaus, Sporträume und Platz für Gewerbebetriebe entstehen. Mit dem Projekt könnten rund 60 Arbeitsplätze geschaffen werden. Geschätzte Kosten: Etwa 15 Millionen Mark, die durch Genossenschaftsanteile zusammenkommen sollen.

Unterstützer konnte sich die Hafenstraße bereits reichlich sichern. Nicht nur zahlreiche Initiativen aus St.Pauli, sondern auch die GEW, die GAL, der Elternrat der Schule Friedrichstraße (der dort gerne einen Erweiterungsbau hätte), Schaumstoff Lübcke und die Hochschul-Professoren Jens Dangschat, Dieter Läpple (TU) und Jos Weber (HfbK) stehen hinter dem Vorhaben. Weber: „Die wollen realisieren, wovon Oberbaudirektor Kossak immer quatscht.“

Doch einen bleischweren Pferdefuß haben die kühnen Pläne: Die Grundstücke gehören der Stadt, die bekanntlich andere Pläne hat. Sie will dort Sozialwohnungen bauen - Planungen, die den Abriß der bunten Meile einschließen. So betreibt die Hafenrand GmbH (Verwalterin) weiterhin den Rausschmiß der BewohnerInnen vor Gericht (die nächsten Prozesse beginnen im Frühjahr).

Über konkrete Baupläne war von der Hafenrand-Gesellschaft gestern hingegen nichts zu erfahren. Dort ist bereits seit Tagen niemand zu erreichen. Spötter witzeln inzwischen, die Gesellschaft habe sich schon selbst abgewickelt. Denn bekannt ist: Geschäftsführer Dierksen konnte mit seinen Plänen bislang keine Gnade vor den Augen des Senats finden.

So löste das Stichwort „Hafenstraße“ gestern auch kollektive Fluchtreflexe in den Behörden aus.

1Für die Gestaltung des Hafenrands mochte niemand verantwortlich sein. Zwar sei bei ihnen, so die Stadtentwicklungsbehörde, der Bebauungsplan überarbeitet worden, aber konkrete Vorschläge enthielte er nicht. In der Baubehörde hieß

1es: „Bausenator Wagner hat mit den Planungen am Hafen überhaupt nichts zu tun.“ Schließlich einigte man sich kollektiv auf die Formel: „Das ist Chefsache.“

So ließ sich folgerichtig auch niemand zu einer Stellungnahme hin-

1reißen. Einzig Stadtentwicklungsenatorin Traue Müller kommentierte: „So sehr wir Bürgerbeteiligung begrüßen, aber das kommt alles ein wenig spät.“ sako

Ausführlicher Bericht, Samstag, überregionaler Teil