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Standbild"Du machst mich nervös!"

■ "Die Apo-Opas"

„Die Apo-Opas“, Do., 22.45 Uhr, Hessen 3

Es war ein sehr langer Marsch durch die Institutionen. Bekanntlich kam nur einer durch: Joschka, im Mai 68 ein noch nicht ganz so pausbäckiger Nobody. Zwischen Joschka und Dani saß auf dem Podium Oskar (Negt), zu einem schweigsamen Puffer reduziert. Denn in dieser Diskussion, am Sonntag vor acht Tagen im Frankfurter Römer aufgezeichnet, ging es im wesentlichen nur darum, daß Dani zum – wievielten Mal? – mit pathetischem Overkill die Zuhörerschaft in die moralische Verantwortung zwang.

Die 68er Vietnamdebatte setzte sich bruchlos fort in der Diskussion über den Völkermord in Bosnien. Bedingungslose Agitation bis zur begrenzten militärischen Intervention forderte Dani. – „Demagogisches Gewäsch!“ warf, abseits sitzend, K. D. Wolf ein und verlas ein Gedicht. Kurt Sontheimer fossilierte damals wie heute – ungebrochen. Und hauptsächlich entlud sich eine heftige Debatte zwischen Dani und Joschka.

Letzterer sagte, daß, wenn wir in Bosnien begrenzt militärisch intervenieren, wir auch unsere eigenen Kinder in den Tod schicken. Daß Dani und Joschka nicht tatsächlich gegeneinander argumentierten, lag daran, daß von 68 bis heute – der Übergang vom Gespräch zum Diskurs nicht geschafft wurde. Das sah dann so aus: Joschka (zu Dani, der wild neben ihm herumfuchtelt): „Du machst mich nervös!“ Dani: „Ich will Dich nervös machen.“ Joschka: „Du mußt mir aber zuhören, sonst können wird nicht diskutieren.“ Dani: (ergreift das Mikro und redet sehr lange).

Die gesamte Veranstaltung reproduzierte in ihrer Struktur die „Gewaltenteilung“ zwischen attraktiver, publikumswirksamer Diskussion einerseits und Reflexion andererseits. Letztere fand in einer separaten Runde statt, mit Cora Stephan, Helmut Dubiel, Antonia Grunenberg und Peter Schneider. In angenehm sachlicher, unpathetischer Weise passierte der historische Kontext der 68er-Bewegung Revue. Zeitlich voneinander getrennt standen sich so zwei Prinzipien (nicht einmal) gegenüber: das agitatorische Handeln-Müssen einerseits und das Verstehen-Wollen andererseits.

Zwischen der Problemfront der moralischen Mobilmachung (Bosnien) und dem Bedarf nach differenzierter Aufarbeitung der 68er-Geschichte (im Bezug zur schein-entnazifizierten Nachkriegsepoche) gibt es keine Vermittlung. Solange nicht die Agitatoren Theoretiker werden und die Theoretiker Agitatoren, wird es keine mit Kopf ausgestattete Friedensbewegung geben.

Vollkommen verschwiegen wurde der fatale Zerfall der 68er zur Inquisition der Neuen Innerlichkeit (Bhagwan, „Selbsterfahrung auf Lanzarote“, heilende Edelsteine) – aus deren fragwürdiger Sensibilität erst das entstanden ist, was wir heute das ökologische Bewußtsein nennen. Manfred Riepe

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