Soldaten als Beobachter

■ Heute zweite Runde der Präsidentschaftswahl in Niger

Niamey (taz) – Sind die Bürger Nigers zur Demokratie bereit? Die heute anstehende Stichwahl für das Präsidentenamt wird das offenbaren. Tanja Mamadou, ehemaliger Oberst und Kandidat der Ex-Einheitspartei MNSD – Nassara (Nationalbewegung für die Gesellschaft der Entwicklung) tritt gegen den Wirtschaftswissenschaftler Mahamane Ousmane von der CDS Rahama (Sozialdemokratische Konvention) an, den jetzt das Oppositionsbündnis AFC (Allianz der Kräfte des Wechsels) aus neun Parteien unterstützt.

Der Wahlausgang ist ungewiß. Einerseits spricht die Unterstützung durch die AFC für einen Sieg Ousmanes. Die Stimmen, die die Oppositionsparteien bisher für sich verbuchen konnten, würden für eine satte Mehrheit ausreichen – Tanjas MNSD hatte sowohl zur Parlamentswahl, als auch zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl vor sechs Wochen jeweils nur 35 Prozent auf sich vereinen können. Andererseits ist es fraglich, ob das Oppositionsbündnis AFC, das sich erst nach der Parlamentswahl gegen die MNSD zusammenschloß, seine Wähler entsprechend „gebrieft“ hat.

Ein Unsicherheitsfaktor ist auch die sinkende Wahlbeteiligung der etwa 4,5 Millionen Wahlberechtigten. Zum Verfassungsreferendum im Dezember kamen noch 55 Prozent der Wähler, bei der ersten Präsidentschaftsrunde lag die Wahlbeteiligung nurmehr bei 33 Prozent.

Entscheiden sich die BürgerInnen Nigers für Ousmane, muß Ex- Oberst Tanja erst beweisen, daß er sich den demokratischen Spielregeln unterwerfen will. Der jüngste Vorschlag der MNSD, Soldaten als Wahlbeobachter in den Wahllokalen zu postieren, hinterlies bei vielen einen unangenehmen Nachgeschmack. Das Ende des Wahlmarathons – das Verfassungsreferendum, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen innerhalb weniger Monate – markiert zugleich das Ende der weitgehend friedlichen Übergangsphase in Niger.

Nach Unruhen und Streiks gab der heute noch amtierende Präsident Ali Seibou im November 1991, nach 29 Jahren Einparteienherrschaft, den Weg für die Demokratisierung frei. In der Nationalkonferenz, die über ein Jahr dauerte, wurde eine neue Verfassung geschrieben und Wahlen vorbereitet. Die schließlich gewählte Übergangsregierung von Amadou Cheiffou hat das Land nun im ökonomischen und sozialen Chaos hinterlassen. Schulden in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar, seit Dezember nicht gezahlte Gehälter der Funktionäre und eine ungelöste Tuareg-Frage sind schlechte Ausgangsbedingungen für die erste demokratisch gewählte Regierung in Niger. Daniel Stroux